Verfassungsgerichtshof
Judenplatz 11, 1010 Wien
G 37/02-16
G 118/02-14
G 122/02-19
G 156/02, V 42/02-17
G 157/02, V 43/02-17
G 195/02-16
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des
Dr. B e r c h t o l d - O s t e r m a n n ,
Präsidenten
Dr. K o r i n e k
und in Anwesenheit der Mitglieder
Dr. H e l l e r ,
Dr. H o l z i n g e r ,
Dr. K a h r ,
Dr. L a s s ,
Dr. L i e h r ,
Dr. M o r s c h e r ,
Dr. M ü l l e r ,
Dr. O b e r n d o r f e r ,
DDr. R u p p e und
Dr. S p i e l b ü c h l e r
als Stimmführer, im Beisein der Schriftführerin
Dr. S c h u ö c k e r ,
(27. Februar 2003)
- 2 -
ü ber die Anträge
1. der T-MOBILE AUSTRIA GmbH (vormals: max.mobil Telekommunikation
Service GmbH), Kelsenstraße 5-7, 1030 Wien, vertreten durch
die Schönherr Rechtsanwälte OEG, Tuchlauben, 17, 1014 Wien
(G 37/02),
2. der TELE.RING Telecom Service GmbH, Hainburgerstraße 33,
1030 Wien, vertreten durch die Dorda Brugger & Jordis Rechtsanwälte
GmbH, Dr. Karl Lueger-Ring 12, 1010 Wien (G 118/02),
3. der 3G MOBILE Telecommunications GmbH, Guglgasse 7-9,
1030 Wien, vertreten durch die Rechtsanwälte Wolf Theiss &
Partner, Schubertring 6, 1010 Wien (G 122/02), und
4. der UTA Telekom AG, Donau-City-Straße 11, 1120 Wien, vertreten
durch die Schönherr Rechtsanwälte OEG, Tuchlauben 17, 1014 Wien
(G 195/02),
§ 89 Abs. 1 letzter Satz des Telekommunikationsgesetzes (TKG),
BGBl. I 100/1997, als verfassungswidrig aufzuheben,
sowie über die Anträge
5. der MOBILKOM AUSTRIA AG & Co KG, Obere Donaustraße 29,
1020 Wien (G 156/02, V 42/02), und
6. der TELEKOM AUSTRIA AG, Schwarzenbergplatz 3, 1010 Wien
(G 157/02, V 43/02), beide vertreten durch die Cerha, Hempel &
Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten, Parkring 2,
1010 Wien,
§ 89 Abs. 1 und 3 TKG als verfassungswidrig und die Überwachungsverordnung,
BGBl. II 418/2001, als gesetzwidrig aufzuheben,
in seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 139 und
Art. 140 B-VG zu Recht erkannt:
- 3 -
I. 1. a) § 89 Abs. 1 letzter Satz des Bundesgesetzes
betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz -
TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
b) Die Aufhebung tritt mit 31. Dezember 2003 in Kraft.
c) Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder
in Wirksamkeit.
2. Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche
unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.
II. Die darüber hinausgehenden Anträge zu G 156/02, V 42/02
und zu G 157/02, V 43/02 werden abgewiesen.
III. Der Bund (Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie) ist schuldig, den zu G 37/02, G 118/02, G 122/02 und
G 195/02 antragstellenden Gesellschaften zuhanden ihrer Rechtsvertreter
die mit je * 2.142,-- und den zu G 156/02, V 42/02 bzw.
G 157/02, V 43/02 einschreitenden Gesellschaften zuhanden ihrer
Rechtsvertreter die mit * 1.161,-- bestimmten Kosten des Verfahrens
binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. 1. a) Mit auf Art. 139 und 140 (jeweils Abs. 1 letzter
Satz) B-VG gestützten, hg. zu G 156/02, V 42/02 bzw. G 157/02,
V 43/02 protokollierten Anträgen begehren zwei öffentliche
Telekommunikationsdienste
anbietende Gesellschaften, § 89 Abs. 1 und
3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG), BGBl. I 100/1997, (in
eventu § 89 Abs. 1, in eventu § 89 Abs. 1 letzter Satz, in eventu
in diesem Satz das Wort "keinen") als verfassungswidrig und die
Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Tech-
- 4 -
nologie über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Überwachungsverordnung
- ÜVO), BGBl. II 418/2001, (in eventu deren §§ 3 und
4) als gesetzwidrig aufzuheben.
Sie erachten ihre durch diese Bestimmungen in ihrem Zusammenhalt
normierte Inpflichtnahme - insbesondere unter Berücksichtigung
des (durch § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG verfügten)
Ausschlusses eines Kostenersatzanspruches - wegen Verstoßes gegen
die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit
vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie auf
Freiheit der Erwerbsausübung für verfassungswidrig; die ÜVO sei
zudem in gesetzwidriger Weise kundgemacht.
b) Vier weitere Telekommunikationsunternehmen begehren
mit auf Art. 140 Abs. 1 letzter Satz B-VG gestützten, hg. zu
G 37/02, G 118/02, G 122/02 bzw. G 195/02 protokollierten Anträgen,
den letzten Satz des 89 Abs. 1 TKG als verfassungswidrig
aufzuheben.
Sie erachten den durch diese Bestimmung verfügten Ausschluss
des Ersatzes der ihnen durch die Inpflichtnahme erwachsenden
Kosten wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, das
Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und entweder gegen
§ 2 F-VG (G 37/02, G 122/02 und G 195/02) oder die Erwerbsausübungsfreiheit
(G 118/02) für verfassungswidrig.
2. a) § 89 TKG verpflichtet "Betreiber" unter anderem,
auf eigene Kosten nach Maßgabe einer Verordnung alle Einrichtungen
bereitzustellen, die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
nach den Bestimmungen der StPO erforderlich sind. Diese - noch in
der mit BGBl. I 100/1997 kundgemachten Stammfassung in Geltung
stehende und gemäß § 128 Abs. 1 TKG am 1. August 1997 in Kraft
getretene - Bestimmung lautet wie folgt [die mit den unter Pkt.
I.1.a) genannten Anträgen zur Aufhebung begehrten Gesetzesstellen
iSd Primärbegehren sind kursiv, die mit den unter Pkt. I.1.b) genannten
Anträgen bekämpfte Gesetzesstelle ist auch fett hervorgehoben]:
- 5 -
" Technische Einrichtungen
(2) Der Betreiber ist verpflichtet, an der Überwachung
(3) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Wissen-
§ 89. (1) Der Betreiber ist nach Maßgabe einer gemäß
Abs. 3 erlassenen Verordnung verpflichtet, alle Einrichtungen
bereitzustellen, die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach
den Bestimmungen der StPO erforderlich sind. Diese Verpflichtung
begründet keinen Anspruch auf Kostenersatz.
des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO im erforderlichen
Ausmaß mitzuwirken. Hiefür gebührt ihm der Ersatz der
angemessenen Kosten.
schaft und Verkehr [nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie] im Einvernehmen mit den Bundesministern für
Inneres und für Justiz, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend,
die näheren Bestimmungen für die Gestaltung der technischen
Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung eines
Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO festsetzen. Nach
Erlassung der Verordnung ist unmittelbar dem Hauptausschuß des
Nationalrates zu berichten."
b) "Betreiber" iS dieser Gesetzesbestimmung sind nach
§ 87 Abs. 3 Z 1 TKG "Anbieter von öffentlichen Telekommunikationsdiensten
iSd 3. Abschnittes" dieses Gesetzes.
Bei den in § 89 Abs. 1 TKG verwiesenen Bestimmungen der
StPO, in denen eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs geregelt
ist, handelt es sich um die mit BGBl. 526/1993 in die StPO eingefügten
und seitdem durch BG BGBl. I 105/1997, BGBl. I 55/1999,
BGBl. I 130/2001 und BGBl. I 134/2002 novellierten §§ 149a, 149b,
149c und 414a. Im Kern erlauben diese strafprozessualen Bestimmungen
eine Überwachung der Telekommunikation [worunter gemäß
§ 149a Abs. 1 Z 1 die Feststellung des räumlichen Bereiches, in
dem sich ein durch einen bestimmten Teilnehmeranschluss gekennzeichnetes
Endgerät befindet oder befunden hat (lit. a), die
Feststellung, welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung oder Ziel
einer Telekommunikation sind oder waren (lit. b), und das Mithören,
Abhören, Aufzeichnen, Abfangen oder sonstige Überwachen
des Inhalts von Nachrichten, die durch Telekommunikation übermittelt
oder empfangen werden (lit. c)], dann,
- 6 -
2. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 lit. a und b auch, wenn
" 1. wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung
einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe
bedrohten strafbaren Handlung gefördert werden kann
und der Inhaber des Teilnehmeranschlusses der Überwachung ausdrücklich
zustimmt,
zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer vorsätzlich
begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten
strafbaren Handlung gefördert werden kann und durch die Überwachung
Daten des Verdächtigen ermittelt werden können,
a) der Inhaber des Teilnehmeranschlusses selbst dringend
3. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 lit. c auch, wenn die
Ü berwachung zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit mehr
als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung
erforderlich erscheint und
verdächtig ist, die Tat begangen zu haben, oder
b) Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine der Tat
dringend verdächtige Person den Teilnehmeranschluss benützen oder
eine Verbindung mit ihm herstellen werde".
c) Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (759 BlgNR
20. GP, 55) zum nachmaligen TKG ist zu entnehmen, dass sich der
Gesetzgeber damit konfrontiert sah, dass die technische Entwicklung
auf dem Sektor der Telekommunikation die operativen Möglichkeiten
der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs überholt hat, eine
Ü berwachung von Mobiltelefonen mit den derzeit zur Verfügung
stehenden Mitteln "- wenn überhaupt - nur mit hohem Personal- und
Kostenaufwand möglich" ist und die Privatisierung des
Telekommunikationsbereiches
zudem zu Defiziten in den Rechtsgrundlagen
führt, weil die bisherigen Regelungen darauf abstellten, dass nur
Behörden mit der Durchführung einer Telefonüberwachung befasst
sind. Um den Einsatz dieses notwendigen Ermittlungsinstrumentes
sicherzustellen, sei es daher erforderlich,
Es sollen nach dem jeweiligen Stand der Technik von
" auch Verpflichtungen Privater gesetzlich zu normieren,
die sicherstellen, daß einerseits - auf Kosten des Erbringers -
die entsprechenden Einrichtungen bereitgestellt werden, andererseits
die notwendige Mitwirkung im Einzelfall erfolgt.
...
jedem Erbringer öffentlicher Telekommunikationsdienste jene Vorrichtungen
vorgesehen werden müssen, die für eine Überwachung
- 7 -
irgendeiner Form des Fernmeldeverkehrs im Sinne der §§ 149a ff.
StPO erforderlich sind".
d) Bei der in § 89 Abs. 1 TKG verwiesenen und in § 89
Abs. 3 TKG in ihren Grundzügen vorgezeichneten Verordnung handelt
es sich um die mit BGBl. II 418/2001 kundgemachte Verordnung der
Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die
Ü berwachung des Fernmeldeverkehrs (Überwachungsverordnung - ÜVO).
Kern der ÜVO sind die in den §§ 3 und 4 ausdrücklich
normierten Verpflichtungen der Betreiber, bestimmte technische
Funktionen und technische Schnittstellen bereitzuhalten, wodurch
die grundsätzliche Verpflichtung eine nähere technische Spezifikation
durch die ÜVO, insbesondere im Hinblick auf die der Verpflichtung
unterfallenden Datenarten sowie die technische Gestaltung
der einzurichtenden Schnittstelle, erfährt. Ergänzend normiert
§ 4 Abs. 5 ÜVO, dass die Betreiber in ihren Anlagen die
Funktionen bereitzuhalten haben, die sicherstellen, dass Überwachungsmaßnahmen
so durchgeführt werden können, dass sie weder
von den an der Telekommunikation Beteiligten noch von Dritten
feststellbar sind und insbesondere auch die Betriebsmöglichkeiten
des zu überwachenden Teilnehmeranschlusses durch die Überwachungsmaßnahme
nicht verändert werden dürfen.
Die ÜVO, BGBl. II 418/2001, deren Aufhebung primär zur
Gänze begehrt wird [vgl. Pkt. I.1.a)], lautet im Einzelnen wie
folgt:
" Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung regelt die Gestaltung der technischen
Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung eines
Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
1. 'Betreiber' derjenige, der einen konzessionspflichtigen
Dienst gemäß § 14 TKG erbringt und in dessen Netz physikalische
Teilnehmeranschlüsse vorhanden sind;
- 8 -
3. 'Adresse' die Gesamtheit aller Adressierungselemente,
2. 'Teilnehmeranschluss' die technische Einrichtung, die
Ursprung oder Ziel der Telekommunikation ist und durch eine
Adresse eindeutig gekennzeichnet ist (physikalischer Anschluss),
oder die Adresse, die der Teilnehmer einem physikalischen
Anschluss fallweise zuordnen kann;
die zur Festlegung des Zieles einer Kommunikationsverbindung
dienen;
5. 'Übernahmeschnittstelle' die Schnittstelle bei einem
4. 'Funkzelle' der kleinste durch seine geografische
Lage bestimmbare funktechnische Versorgungsbereich in einem
Mobilfunknetz;
Betreiber, an die die zu überwachende Telekommunikation vom Betreiber
an die überwachende Stelle übermittelt wird, wobei die
Ü bernahmeschnittstelle als Wähl- oder als Festverbindung ausgestaltet
sein kann;
6. 'Schnittstelle' der Übergabepunkt bei einem Betreiber,
an dem die zu überwachende Telekommunikation in einem festgelegten
technischen Format vom Betreiber bereitgestellt wird.
Bereitzuhaltende Funktionen
1. von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss ausgeht
§ 3. (1) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen
bereitzuhalten, die in der Lage sind über aktive Mitwirkung des
Betreibers im Einzelfall die Überwachung und Aufzeichnung der
Telekommunikation zu gewährleisten, die
oder für diesen bestimmt ist,
(2) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen be-
1. die Adresse des zu überwachenden Teilnehmeranschlus-
2. zu Datenspeichern geleitet wird, die dem Teilnehmeranschluss
zugeordnet sind, oder die aus solchen Datenspeichern
abgerufen wird.
reitzuhalten, die in der Lage sind, die Inhaltsdaten sowie die
sonstigen mit der Überwachung der Telekommunikation in Zusammenhang
stehenden erforderlichen Informationen zur Verfügung zu
stellen:
ses;
3. die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus
2. die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss aus
gewählten Adressen, auch wenn keine Verbindung zustande kommt,
gewählten unvollständigen Adressen, falls ein begonnener Verbindungsversuch
vorzeitig beendet wird;
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5. bei der Inanspruchnahme von Diensten, welche die
6. bei zu überwachenden Teilnehmeranschlüssen, die fall-
4. die Adressen der Teilnehmeranschlüsse, von denen aus
der zu überwachende Teilnehmeranschluss gewählt wird, auch wenn
keine Verbindung zustande kommt;
Telekommunikation um- oder weiterleiten (Rufumleitung oder Rufweiterschaltung),
die Adresse der Um- oder Weiterleitung, bei
virtuellen Anschlüssen die jeweils zugeordneten physikalischen
Anschlüsse;
7. den jeweils angeforderten oder in Anspruch genommenen
8. die technische Ursache für den Abbau oder das Nichtweise
einem anderen Anschluss zugeordnet werden können, die
Adresse dieses anderen Anschlusses;
Dienst oder das Dienstemerkmal;
9. bei zu überwachenden Mobilanschlüssen die Funkzellen,
zustandekommen der zu überwachenden Verbindung;
ü ber die die zu überwachende Verbindung abgewickelt wird;
10. zumindest zwei der folgenden Angaben:
a) Beginn der Verbindung oder des Verbindungsversuchs
mit Datum und Uhrzeit;
b) Ende der Verbindung oder des Verbindungsversuchs
mit Datum und Uhrzeit;
c) Dauer der Verbindung.
(3) Die Verpflichtungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 10 treffen
den Betreiber im Einzelfall nur, soweit ihm dies auf Grund
wirtschaftlicher und technischer Gegebenheiten zumutbar ist.
1. Telekommunikationsverbindungen mit mehr als einer
(4) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten,
die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des
Betreibers im Einzelfall die an der Schnittstelle bereitgestellten
Daten eindeutig einer bestimmten richterlichen Anordnung zuzuordnen
und, in Fällen, in denen Inhaltsdaten und die in Abs. 2
Z 1 bis 9 angeführten Daten auf voneinander getrennten Wegen von
der Schnittstelle zu der Übernahmeschnittstelle übermittelt
werden, die Inhaltsdaten und die jeweils zugehörigen Daten nach
Abs. 2 Z 1 bis 9 so zu kennzeichnen, dass sie einander zweifelsfrei
zugeordnet werden können.
(5) Die Abs. 1 bis 3 gelten sinngemäß auch für
Gegenstelle, soweit und solange der zu überwachende Teilnehmeranschluss
an einer solchen Verbindung teilnimmt;
- 10 -
3. Fälle, in denen für den zu überwachenden Teilnehmer-
2. Telekommunikationsverbindungen, die für den zu überwachenden
Teilnehmeranschluss bestimmt sind oder von diesem aufgebaut
werden, wenn dieser Teilnehmeranschluss fallweise einem
anderen Teilnehmeranschluss zugeordnet ist oder die Verbindung
von einem anderen Teilnehmeranschluss angenommen wird;
anschluss mehrere Telekommunikationsverbindungen gleichzeitig
bestehen.
Technische Schnittstelle
1. an ihr ausschließlich die Telekommunikation bereit-
§ 4. (1) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen
bereitzuhalten, die in der Lage sind, über aktive Mitwirkung des
Betreibers im Einzelfall die Telekommunikation für die gesamte
Dauer der gerichtlich angeordneten Überwachungsmaßnahme an einer
festgelegten technischen Schnittstelle bereitzustellen. Die
Schnittstelle, an der die zu überwachende Telekommunikation bereitgestellt
wird, muss technisch so gestaltet sein, dass
gestellt wird, die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss
herrührt oder für diesen bestimmt ist,
3. die Übermittlung der an ihr bereitgestellten Tele-
2. die Qualität der an ihr bereitgestellten Telekommunikation
nicht schlechter ist als jene, die dem zu überwachenden
Teilnehmer bei der jeweiligen Verbindung geboten wird,
kommunikation mittels genormter, allgemein verfügbarer Übertragungswege
und -protokolle erfolgen kann und
(2) Für die Übermittlung der an der Schnittstelle be-
4. der vom European Telecommunications Standardisation
Institute erarbeitete Europäische Standard ES 201 671 Version
2.1.1. eingehalten wird.
reitgestellten zu überwachenden Telekommunikation sind grundsätzlich
Festverbindungen oder ISDN-Wählverbindungen oder ähnlich
schnell aufbaubare Wählverbindungen zu nutzen. Soll die Übertragung
mittels Wählverbindungen erfolgen, muss die Schnittstelle
auch die Fähigkeit zum automatischen Verbindungsaufbau zu einem
zu benennenden Anschluss beinhalten, an den die Aufzeichnungseinrichtung
angeschlossen ist. Wählverbindungen sind zu Beginn
jeder für den zu überwachenden Anschluss bestimmten oder von
diesem herrührenden Telekommunikation aufzubauen und nach deren
Ende wieder auszulösen. Die erforderlichen Zugänge zum Wählnetz
sind Bestandteil der Schnittstelle. Die zu überwachende Telekommunikation
ist ab ihrer Bereitstellung an der Schnittstelle
durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen gegen die
unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen.
(3) Der Betreiber hat unter Berücksichtigung der praxisorientierten
Erfordernisse, insbesondere der Anforderungen nach
§ 3 Abs. 2, festzulegen, von welcher der in Abs. 2 Satz 1 genann-
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(4) Wenn der Betreiber die ihm zur Übermittlung anten
Möglichkeiten er in einer bestimmten Telekommunikationseinrichtung
Gebrauch macht. Für den Fall, dass die zu überwachende
Telekommunikation nicht an einer einzelnen Schnittstelle bereitgestellt
werden kann, müssen die Schnittstellen so gestaltet
sein, dass Wählverbindungen realisiert werden können.
vertrauten Inhaltsdaten durch technische Maßnahmen gegen die
unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte schützt, muss die Schnittstelle
in der Lage sein, die ungeschützten Inhaltsdaten bereitzustellen.
Falls der Betreiber für den Teilnehmer die Inhaltsdaten
verschlüsselt, muss die Schnittstelle in der Lage sein,
nach den Abs. 1 bis 3 die entschlüsselten Inhaltsdaten bereitzustellen.
(5) Betreiber haben in ihren Anlagen die Funktionen bereitzuhalten,
die sicherstellen, dass Überwachungsmaßnahmen so
durchgeführt werden können, dass sie weder von den an der Telekommunikation
Beteiligten noch von Dritten feststellbar ist. Insbesondere
dürfen die Betriebsmöglichkeiten des zu überwachenden
Teilnehmeranschlusses durch die Überwachungsmaßnahme nicht verändert
werden.
Verlautbarungen
§ 5. Die in dieser Verordnung zitierten Unterlagen mit
technischem Inhalt liegen beim Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie während der Amtsstunden zur Einsicht
auf.
Zeitlicher Geltungsbereich
§ 6. (1) Die mit den §§ 3 und 4 auferlegten Verpflichtungen
bestehen ab dem Zeitpunkt, in dem die Erbringung des Telekommunikationsdienstes
aufgenommen wird. Dies gilt sinngemäß auch
für jede Erweiterung oder Änderung des Telekommunikationsdienstes
oder der Telekommunikationseinrichtungen, mit welchen der
Telekommunikationsdienst
erbracht wird.
(4) § 4 Abs. 2 tritt hinsichtlich der Übermittlung von
(2) Betreiber von Telekommunikationseinrichtungen,
mittels derer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung
bereits Telekommunikationsdienste erbracht werden, haben die
Verpflichtungen gemäß §§ 3 und 4 unverzüglich, spätestens jedoch
sechs Monate nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung zu erfüllen.
(3) § 4 Abs. 1 Z 4 tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.
Vermittlungsdaten mit 1. Jänner 2005 in Kraft."
3. a) Zu ihrer Antragslegitimation führen die beiden
unter Pkt. I.1.a) genannten antragstellenden Gesellschaften aus,
dass sie unter anderem als Erbringer von Sprachtelefondiensten
- 12 -
mittels eines selbst betriebenen Mobilfunknetzes (G 156/02,
V 42/02) bzw. mittels eines selbst betriebenen Festnetzes
(G 157/02, V 43/02) Betreiber iSd § 89 Abs. 1 TKG und § 2 Z 1 ÜVO
seien und damit dem persönlichen Geltungsbereich der dort
normierten Verpflichtung unterfielen.
Die durch § 89 Abs. 1 iVm der ÜVO statuierte Verpflichtung
zur (kostenlosen) Bereitstellung von Überwachungseinrichtungen
stelle unzweifelhaft einen direkten und nachteiligen Eingriff
in die Rechtssphäre der Betreiber dar. Dies sowohl für den
Fall, dass ein Betreiber über die erforderlichen technischen Einrichtungen
noch nicht verfüge (in welchem Fall er zu deren Anschaffung
gezwungen sei), als auch für den Fall, dass er die erforderlichen
Einrichtungen bereits implementiert habe (in welchem
Fall er verpflichtet sei, diese Einrichtungen in Stand zu halten,
und es ihm untersagt sei, diese - etwa aus Kostengründen - wieder
zu entfernen). § 89 TKG begründe insoweit eine öffentlich-rechtliche
Dauerverpflichtung.
Der durch § 89 TKG und die ÜVO bewirkte Eingriff in die
Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften sei auch nach
Art und Umfang eindeutig bestimmt:
" Soweit man die Wortfolge 'nach Maßgabe einer gemäß
Abs. 3 erlassenen Verordnung' so versteht, daß diese Verordnung -
für den Fall ihrer Erlassung - bloß eine inhaltliche Einschränkung
einer umfassenden gesetzlichen Verpflichtung darstellt, so
ergibt sich die diesbezügliche Bereitstellungsverpflichtung jedenfalls
unmittelbar aus dem Gesetz. Versteht man die genannte
Wortfolge hingegen derart, daß die in § 89 Abs. 1 TKG normierte
Verpflichtung mangels Verweisungsobjekt vorerst noch inhaltsleer
ist und sich erst durch die Erlassung der verwiesenen Verordnung
inhaltlich aktualisiert, so hat diese Aktualisierung aufgrund
tatsächlicher Erlassung der Verordnung jedenfalls bereits stattgefunden.
§ 89 Abs 1 TKG stellt nicht einen Fall dar, in der die
Verordnung das Gesetz erst durchführt, sondern vielmehr jenen
Fall, in der der Inhalt der Verordnung - so sie erlassen ist -
kraft ausdrücklicher Verweisung des Gesetzes auch zum Norminhalt
der gesetzlichen Verpflichtung wird. Dies Gesetzesnorm rezipiert
diesfalls sohin die technischen Anforderungen der ÜVO. Die Verpflichtung
zur Bereitstellung dieser (durch Verweisung definierten)
Einrichtungen ergibt sich im Ergebnis auch diesfalls kraft
Gesetzes. Der gesetzliche Eingriff ist damit eindeutig bestimmt."
- 13 -
Die in Rede stehende Verpflichtung gehe weit über bloße
wirtschaftliche Reflexwirkungen hinaus und treffe die antragstellenden
Gesellschaften auch im Antragszeitpunkt nicht mehr
bloß potentiell, sondern aktuell. Dies aus folgenden Gründen:
Gemäß § 6 Abs 2 ÜVO haben Betreiber von Telekommunika-
"§ 89 TKG trat gemäß § 128 Abs 1 TKG am 1. August 1997
in Kraft. Soweit man die aus dieser Bestimmung resultierende Verpflichtung
erst als durch Erlassung der in § 89 Abs 1 TKG verwiesenen
Verordnung aktualisiert ansieht, ist dieses Aktualisierungskriterium
jedenfalls seit Erlassung der ÜVO erfüllt. Einer näheren
Auseinandersetzung bedarf in diesem Zusammenhang aber der mit
'Zeitlicher Geltungsbereich' überschriebene § 6 ÜVO:
tionseinrichtungen, mittels derer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieser Verordnung bereits Telekommunikationsdienste erbracht
werden (was auf die Antragstellerin zutrifft), die Verpflichtungen
gemäß §§ 3 und 4 ÜVO unverzüglich, spätestens jedoch sechs
Monate nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu erfüllen. Schon
aus der Verwendung des Wortes 'unverzüglich' ist abzuleiten, daß
sich die den Betreibern auferlegten Verpflichtungen als aktuelle
Beeinträchtigungen ihrer Rechtssphäre darstellen. Die ergänzende
absolute Frist ('spätestens jedoch sechs Monate nach In-Kraft-
Treten dieser Verordnung') stellt nur klar, daß nach Ablauf von
sechs Monaten die Nichtbereitstellung der zur Überwachung erforderlichen
Einrichtungen jedenfalls rechtswidrig ist. Ein
rechtswidriger Zustand kann aber auch bereits zuvor, nämlich bei
nach dem 1. Dezember 2001 nicht 'unverzüglich' erfolgender Bereitstellung
der erforderlichen Einrichtungen entstehen. Durch
Zuwarten bis zum 1. Juni 2002 (das ist der 6 Monate nach Inkrafttreten
der ÜVO liegende Zeitpunkt) würde sich die Antragstellerin
einem mehrfachen Risiko aussetzen: Zum einen steht ein derartiges
Verhalten unter ... Verwaltungsstrafdrohung ... Zum anderen bietet
§ 23 Abs 3 Satz 2 Fall 1 TKG der Regulierungsbehörde die
Möglichkeit, Konzessionsinhabern bei gröblicher oder wiederholter
Verletzung von Pflichten die Konzession zu widerrufen. Dazu
kommt, daß in der Unterlassung des von § 89 TKG geforderten Verhaltens
(insbesondere auch durch die dadurch bewirkte massive
Kostenersparnis) die sittenwidrige Erlangung eines Wettbewerbsvorteils
liegt und ein derartiges Verhalten den allgemeinen
Sanktionen wettbewerbsrechtlicher Vorschriften, allen voran § 1
UWG, ausgesetzt wäre. ..."
Die antragstellenden Gesellschaften seien - um ihren
gesetzlich auferlegten Verpflichtungen nachkommen zu können -
gezwungen, einen erheblichen finanziellen und organisatorischen
Aufwand zu tätigen, der alternative Aktivitäten und alternative
Mittelverwendung in großem Umfang ausschließe. Dies gelte auch
- 14 -
für die Erfüllung der in § 4 Abs. 1 Z 4 und § 4 Abs. 2 ÜVO geforderten
Ü berwachungsmöglichkeiten, mögen diese Bestimmungen
auch erst am 1. Jänner 2005 in Kraft treten.
Ein zumutbarer Weg zur Bekämpfung der aus § 89 TKG iVm
der ÜVO resultierenden Verpflichtung stehe den antragstellenden
Unternehmen nicht offen, zumal es insbesondere für die Bereitstellung
derartiger technischer Einrichtungen keiner spezifischen
Bewilligung bedürfe.
b) Aus ähnlichen Erwägungen erachten die zu G 37/02,
G 118/02, G 122/02 und G 195/02 antragstellenden Gesellschaften
ihre Legitimation zur Anfechtung des § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG
für gegeben; sie bringen übereinstimmend vor, dass sie Inhaber
einer oder mehrerer Konzessionen für (öffentliche) Telekommunikationsdienste
und damit Betreiber iSd § 89 Abs. 1 TKG seien,
welche - mit Ausnahme der zu G 122/02 antragstellenden Gesellschaft,
die nach ihren eigenen Angaben den kommerziellen Markteintritt
für die zweite Jahreshälfte 2002 plante - allesamt
bereits operativ tätig seien.
Der durch § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG verfügte Ausschluss
eines Ersatzes der den Anbietern durch die Bereitstellung
der für eine Überwachung notwendigen Einrichtungen entstehenden
Kosten greife direkt und nachteilig in deren Rechtssphäre ein:
Die in den §§ 3 und 4 ÜVO genannten Einrichtungen gebe es in
ihren Netzen derzeit nicht. Die gesetzliche Verpflichtung, diese
Einrichtungen "bereitzuhalten", bedeute daher, diese Einrichtungen
(Hardware und Software) auf eigene Kosten zu kaufen und in
die Netze zu implementieren.
Der dadurch verursachte Aufwand sei beträchtlich; allein
für die erstmalige Anschaffung und Implementierung der zur Überwachung
des Fernmeldeverkehrs notwendigen Einrichtungen müssten
zwischen rund 700.000 und 8 Mio * aufgewendet werden.
- 15 -
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 ÜVO habe die von den Betreibern bereitzustellende
technische Schnittstelle der vom European Telecommunications
Standardisation Institute erarbeiteten Norm ES 201
671 Version 2.1.1. zu genügen. Die mit 1. Jänner 2005 verpflichtend
durchzuführende Anpassung der bereits jetzt zu implementierenden
Einrichtungen an die Norm ES 201 671 Version 2.1.1.
belaste die antragstellenden Gesellschaften mit weiteren Kosten
in Höhe von durchschnittlich 1,8 Mio *.
Darüber hinaus ermächtige § 89 Abs. 3 TKG den Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie, die durch die
Ü VO auferlegten Verpflichtungen dem jeweiligen Stand der Technik
anzupassen. Angesichts des öffentlichen Interesses an einer bestmöglich
funktionierenden Überwachung des Fernmeldeverkehrs im
Dienste der Strafjustiz sei nicht daran zu zweifeln, dass der
Bundesminister von dieser Ermächtigung auch tatsächlich Gebrauch
machen werde. Auf Grund der ständigen Weiterentwicklung der
Fernmeldetechnologie
und im Hinblick auf die kurzen Lebenszyklen von
Telekommunikationsprodukten sei daher damit zu rechnen, dass die
von den Diensteanbietern bereitzuhaltenden Einrichtungen alle
drei bis fünf Jahre komplett erneuert werden müssten.
Angesichts dieser Zahlen könne kein Zweifel daran bestehen,
dass die antragstellenden Gesellschaften durch die geschilderte
Rechtslage aktuell verpflichtet seien, erhebliche
Investitionen für Überwachungseinrichtungen in ihren Telekommunikationsnetzen
vorzunehmen, ohne die dafür notwendigen Mittel ersetzt
zu erhalten. Eben in diesem Ausschluss liege der Eingriff
in subjektive Rechtspositionen, weil von einer Beeinträchtigung
der bloß wirtschaftlichen Sphäre dann nicht mehr gesprochen
werden könne, "wenn der ... Entrichtungspflichtige zur Vermeidung
nachteiliger Rechtsfolgen gezwungen ist, erheblichen Aufwand zu
tätigen, der jedenfalls alternative Aktivitäten und alternative
Mittelverwendung ausschließt" (VfSlg. 15.773/2000).
Die Inpflichtnahme erfolge direkt durch das Gesetz und
werde daher ohne Erlassung eines Bescheides wirksam. Ein zumut-
- 16 -
barer Weg, Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen
Bestimmung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bestehe
nicht: Im Falle der Weigerung, die in Rede stehenden Einrichtungen
für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs bereitzuhalten,
drohten nicht nur in jedem einzelnen Überwachungsfall eine Verwaltungsstrafe;
die Regulierungsbehörde könnte auch wegen
" gröblicher Verletzung der Pflichten" gemäß § 23 Abs. 3 TKG die
erteilte Konzession entziehen. Es sei evident, dass weder eine
Bestrafung noch ein Konzessionsverlust zumutbar sei.
4. a) In der Sache selbst bringen die zu G 156/02,
V 42/02 und zu G 157/02, V 43/02 antragstellenden Gesellschaften
vor, dass der Umfang der ihnen durch die Inpflichtnahme auferlegten
Belastungen - insbesondere unter Berücksichtigung des
Fehlens eines Kostenersatzanspruches - weit über jene Grenzen
hinausgehe, die der Gesetz- und Verordnungsgeber bei derartigen
Inpflichtnahmen von Verfassungs wegen zu beachten habe und daher
die angefochtenen Bestimmungen sie in ihren verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit
des Eigentums sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung
verletzten; die ÜVO sei zudem in gesetzwidriger Weise
kundgemacht worden. Dazu führen die antragstellenden Gesellschaften
im Einzelnen aus:
aa) Zwar sei es dem Gesetzgeber nicht per se verwehrt,
die Inpflichtnahme Privater zu Mitwirkungstätigkeiten bei hoheitlichem
Handeln des Staates vorzusehen, dieser sei aber bei Normierung
einer derartigen Inpflichtnahme in jedem einzelnen Fall
gehalten, den ihm durch die Verfassung gezogenen Rahmen einzuhalten.
Insbesondere sei in jenen Fällen, in denen durch die Inpflichtnahme
in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des
Inpflichtgenommenen eingegriffen werde, all jenen Voraussetzungen
Genüge zu tun, die von Verfassungs wegen für einen derartigen
Grundrechtseingriff erfüllt sein müssen. Darunter fielen jedenfalls
das Vorhandensein einer sachlichen Rechtfertigung für die
getroffene Regelung sowie die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes
in die Rechtspositionen der Normunterworfenen. Mit § 89 TKG habe
- 17 -
der Gesetzgeber die ihm gezogenen Schranken nun bei weitem überzogen:
" Die Bestimmung verlangt von der Antragstellerin im Ergebnis
die Anschaffung und Implementierung technischer Einrichtungen
in Höhe mehrerer zehn Millionen Euro. Dazu kommen beträchtliche
finanzielle Nebenbelastungen, wie sie etwa aus den
erforderlichen Managementkapazitäten resultieren. Irgendwelche
Vorkehrungen, den Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin
im Rahmen des Zulässigen zu halten, unternimmt § 89 TKG
nicht im Mindesten. Gerade gegenteilig schließt der zweite Satz
des § 89 Abs 1 TKG einen Kostenersatz für die erbrachten Leistungen
ausdrücklich aus. Die Antragstellerin ist daher verpflichtet,
auf eigene Kosten staatliche Tätigkeiten zu übernehmen, die
für sie mit keinerlei Nutzen verbunden sind. Eine Möglichkeit,
die Verpflichtungen zu vermeiden, steht der Antragstellerin nicht
offen. Vielmehr würde eine Nichterfüllung der Verpflichtung
massive nachteilige Konsequenzen für die Antragstellerin haben.
Insgesamt kann eine derart unbeschränkte Verpflichtung in Kombination
mit einem Ausschluss des Kostenersatzes einer verfassungsrechtlichen
Prüfung in keiner Weise standhalten und belastet die
Regelung mit Verfassungswidrigkeit. ...
Aus der konzeptiven Struktur des § 89 TKG erhelle die
Zum einen erweist sich schon die Tatsache des Ausschlusses
eines Kostenersatzes als völlig unsachlich. Eine innere
Rechtfertigung, die Antragstellerin auf deren Kosten zu Leistungen
heranzuziehen, die an sich dem Staat obliegen, diesem aber
offenbar bloß zu teuer sind, ist nirgends ersichtlich und widerspricht
allen Kriterien, die die Rechtsprechung zur Frage der
sachlichen Rechtfertigung einer Inpflichtnahme entwickelt hat."
schon im Ansatz verfehlte Grundentscheidung des Gesetzgebers,
welche im Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot stehe: § 89 TKG
liege nicht die Überlegung zugrunde, den Betreibern eine (aus
technischen Gründen vielleicht unvermeidliche) Mitwirkung auf
möglichst schonende, aber noch zielerreichende Weise aufzuerlegen.
Die Bestimmung scheine vielmehr von der Überlegung getragen,
eine äußerst kostspielige Maßnahme der Strafrechtspflege
in finanzieller Hinsicht auf die Betreiber zu überwälzen (so
führe die RV 759 BlgNR 20. GP, 55, zu § 89 TKG selbst aus, dass
" eine Überwachung von Mobiltelefonen ... mit den derzeit zur
Verfügung stehenden Mitteln ... nur mit hohem Personal- und
Kostenaufwand möglich" und es daher "erforderlich [ist], auch
Verpflichtungen Privater gesetzlich zu normieren, die sicher-
- 18 -
stellen, daß ... - auf Kosten des Erbringers - die entsprechenden
Einrichtungen bereitgestellt werden").
Dafür, dass der Gesetzgeber aus bloßen Kostengründen die
zur Erbringung staatlicher Aufgaben notwendigen Sach- und
Personalaufwendungen ex lege Privaten auferlege, sei aber eine
sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Eine Rechtfertigung
für den durch die Inpflichtnahme bewirkten Grundrechtseingriff
könnte bei der vorliegenden Situation nur darin liegen, dass die
für das Funktionieren einer ordnungsgemäßen Strafrechtspflege erforderliche
Infrastruktur auf Grund technischer Gegebenheiten vom
Staat selbst bzw. vom Staat allein - dh ohne Mitwirkung der Netzbetreiber
- nicht bereitgehalten werden könnte:
Wie der VfGH in VfSlg 15.773 selbst ausgesprochen hat,
" Die Verpflichtung zur Bereithaltung der erforderlichen
technischen Einrichtungen ist nun aber von der Verpflichtung,
auch die Kosten für diese Bereithaltung zu tragen, durchaus
trennbar. Bereits mit der Anordnung der Bereitstellung der erforderlichen
technischen Einrichtungen wäre das im öffentlichen
Interesse gelegene Ziel einer effizienten Strafrechtspflege erreicht.
Worin die Rechtfertigung liegen soll, zusätzlich hiezu
auch noch eine Kostentragung Dritter anzuordnen, ist hingegen
nicht erkennbar.
kann die Tatsache, daß die Inpflichtnahme Privater zur Besorgung
ö ffentlicher Aufgaben der gemeinwirtschaftlich günstigere Weg
ist, eine umfassende Auferlegung von Verpflichtungen nicht rechtfertigen.
Vielmehr bedürfe dies eines inneren Zusammenhanges
zwischen den allfälligen Vorteilen aus einer Tätigkeit und der
Belastung, die aus damit verbundenen Verpflichtungen resultieren.
Irgendeinen Vorteil aus der überwachten Tätigkeit haben die Betreiber
freilich nicht. Soweit den Betreibern aus jenen von ihnen
erbrachten Leistungen, die im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen
in Anspruch genommen wurden, überhaupt ein Entgelt zufließt,
ist dieser Anteil am Gesamtumsatz derart verschwindend
gering, daß darin der rechtfertigende 'innere Zusammenhang'
keinesfalls gesehen werden kann. Worin der innere Zusammenhang in
jenen Fällen liegen soll, in denen der Straftäter nicht einmal in
einer rechtlichen Beziehung zum in Pflicht genommenen Betreiber
steht, ist überhaupt unerfindlich. Daß Telekommunikationsdienstleistungen
als technische Hilfsmittel zur Begehung von Straftaten
verwendet werden, ist hinsichtlich der inneren Rechtfertigung
einer Überwälzung der Kosten der Strafverfolgung jedenfalls genausowenig
von Bedeutung, wie die Tatsache, daß Kraftfahrzeuge
als Fluchtfahrzeuge bei Begehung strafbarer Handlungen verwendet
werden können. Auch hier wäre völlig uneinsichtig, Kfz-Händlern
die Kosten der Bereithaltung von Polizeifahrzeugen aufzuerlegen,
- 19 -
weil solche für allfällige Verfolgungsfahrten bereitgehalten
werden müssen. Ebensowenig käme man auf die Idee (und ist auch
der Gesetzgeber bislang nicht gekommen), Kfz-Händlern - weil
diese im naturwissenschaftlichen Sinne kausal dafür sind, daß
Geschwindigkeitsübertretungen begangen werden können - die Kosten
der Geschwindigkeitsüberwachung aufzuerlegen."
Die Inpflichtnahme der Betreiber stelle vielmehr ein
entschädigungsloses "Sonderopfer" dar. Ein solches zu verlangen,
obwohl die Betreiber von der Effizienz der Strafrechtspflege
nicht anders profitieren als alle übrigen Normunterworfenen auch,
sei freilich aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zulässig und
sei vom Verfassungsgerichtshof in vergleichbaren Konstellationen
bereits mehrfach beanstandet worden (vgl. etwa VfSlg. 13.006/1992
sowie die letztlich nicht schlagend gewordenen Bedenken des
Verfassungsgerichtshofes
im Prüfungsbeschluss vom 28. Juni 2001,
B 544-549/01 ua.). Überdies führe die Auferlegung der Bereitstellung
bestimmter technischer Standards zu einer Vervielfachung
von Kosten, sodass das den Betreibern auferlegte Sonderopfer von
seiner Höhe her ein Mehrfaches dessen betrage, was sich der Staat
dadurch erspare. Schon darin liege eine exzessive und daher verfassungswidrige
Inpflichtnahme der Betreiber.
Die schon bei abstrakter Betrachtung zu konstatierende
Verfassungswidrigkeit des § 89 TKG zeige sich nach Auffassung der
antragstellenden Gesellschaften umso deutlicher, wenn man die
konkreten Auswirkungen des durch diese Bestimmung bewirkten Eingriffes
in deren Rechtssphäre näher betrachte:
" Die Antragstellerin verfügt derzeit über keine technischen
Einrichtungen, die den per 1. Jänner 2005 geforderten
Ü berwachungsstandard des Fernmeldeverkehrs ermöglichen würde. Wie
dargelegt, bedarf die Schaffung der entsprechenden technischen
Einrichtungen der Anschaffung und Implementierung entsprechender
Hard- und Software für alle Vermittlungssystemstandorte in Österreich.
Die Anschaffungskosten für Hard- und Software werden sich
nach den derzeit [der zu G 156/02 antragsstellenden Gesellschaft]
vorliegenden Kostenschätzungen bzw Kostenvoranschlägen jedenfalls
in der Höhe von über sechs Millionen Euro bewegen [das zu
G 157/02 antragstellende Unternehmen beziffert seine Kosten mit
" mehreren zehn Millionen Euro"]. Daneben fallen jene Kosten an,
die durch erhöhten Personalbedarf, zusätzlich erforderliche
Koordinationsmaßnahmen und Maßnahmen der Einbindung der neuen
- 20 -
technischen Einrichtungen in die bestehende Infrastruktur ausgelöst
werden.
Zu all dem kommt, daß nach Anschaffung und Implementierung
der erforderlichen Hard- und Software ein laufender
Betreuungs-, Wartungs- und Anpassungsaufwand entsteht. So verursacht
die Erweiterung der Funktionalität der Vermittlungssysteme
um die in der ÜVO angeführten Leistungsmerkmale und
Normen einen erheblichen zusätzlichen Wartungsaufwand. Weiters
werden durch die Implementierung der oben erwähnten Leistungsmerkmale
im Rahmen der regelmäßigen System Upgrades zusätzliche
Anpassungen und Abnahmeprüfungen notwendig, die wiederum die
jährlichen Erhaltungs- und Erweiterungskosten erhöhen. Eine
betriebswirtschaftliche
Kalkulation und genaue Abschätzung dieser
zukünftigen Kosten, vor allem im Wartungsbereich, ist im vorhinein
freilich nicht möglich, da genaue Abschätzungen zur Entwicklung
des künftigen Verkehrsaufkommens im Rahmen der Überwachung
noch nicht möglich sind."
Diese Ausführungen zeigten auch, dass die durch § 89 TKG
den antragstellenden Gesellschaften auferlegten Mitwirkungspflichten
mit den üblichen sonstigen Mitwirkungspflichten im
strafprozessualen Verfahren nicht vergleichbar seien. Anders als
etwa bei der Verpflichtung zur Mitwirkung als Zeuge, als Sachverständiger
etc. entstünden im vorliegenden Fall die relevanten
Kosten bereits "durch die bloße Bereitschaft zur Mitwirkung",
nämlich die Bereitstellung der technischen Einrichtungen.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung
zu Recht festgehalten habe (vgl. VfSlg. 15.773/2000), rechtfertige
die im Einzelfall denkbare Notwendigkeit der Inpflichtnahme
Privater nicht, Mitwirkungspflichten jedweden Inhaltes und
jedweder Intensität aufzuerlegen. Genau eine solche überschießende
Anordnung treffe § 89 TKG aber. Schon aus diesem Grund
könne es bei einem derart massiven Eingriff in die Rechtssphäre
der antragstellenden Unternehmen sachlich nicht gerechtfertigt
sein, einen Ausgleich für diese massive Leistungsverpflichtung
derart kategorisch auszuschließen, wie dies § 89 Abs. 1 zweiter
Satz TKG tue.
bb) Weiters treffe § 89 TKG insofern eine unsachliche
Differenzierung, als er in Abs. 1 einen Kostenersatz für die
Bereitstellung aller für die Überwachung erforderlichen Einrich-
- 21 -
tungen ausschließe, im Abs. 2 aber einen Kostenersatz sehr wohl
für den Fall vorsehe, dass der Betreiber an der Überwachung des
Fernmeldeverkehrs mitwirke:
Dazu kommt, daß die schon in sich unsachliche Differen-
" Zum einen ist schon ein technischer Grund für diese
Unterscheidung nicht ersichtlich. So ist die Überwachung des
Fernmeldeverkehrs eine in sich mehrfach strukturierte und
komplexe Tätigkeit. Sie reicht hardwareseitig vom physischen Zusammenwirken
der technischen Einrichtungen mit den sie bedienenden
Menschen über das Wissen der handelnden Personen von
der Funktionalität der eingesetzten Software bis hin zu
Management- und Kontrolltätigkeiten, die nicht Durchführung der
Ü berwachungstätigkeit selbst darstellen, aber für deren Funktionieren
und deren reibungslose Eingliederung in den sonstigen
Unternehmensbetrieb notwendig sind. All dies ist erforderlich, um
die Überwachung des Fernmeldeverkehrs zu ermöglichen, und all
diese Tätigkeiten stellen daher - soweit sie von den Betreiber[n]
hilfsweise für den Staat erbracht werden - eine Mitwirkung an der
Ü berwachung dar. Aus diesem Bündel an Handlungen bloß einen Teilbereich
(nämlich die sich auf Anschaffung und Implementierung der
erforderlichen Hardware beziehenden Handlungen) abzuspalten und
hinsichtlich der Kostenüberwälzung anders zu behandeln als
sonstige Handlungen, bedürfte einer sachlich gerechtfertigten
Begründung. Die Begründung, es wären eben die kostenintensiven
Tätigkeiten abgespalten worden, liegt nahe, ist aber unsachlich.
Eine andere Begründung ist nicht ersichtlich.
zierung von ihrem Ergebnis her gesehen zu Lasten der Betreiber
ausschlägt: Gerade für jenen Bereich, der den kostenintensiven
Teil des Bündels der zur Überwachung erforderlichen Handlungen
darstellt, wurde ein Kostenersatz ausgeschlossen. Daß ein solcher
an sich erforderlich wäre, gibt der Gesetzgeber in § 89 Abs 2
zweiter Satz TKG ja auch zu erkennen, mag sich der Konsequenz
aber bei Anordnung kostenintensiver Tätigkeiten wie jener nach
§ 89 Abs 1 TKG offenbar nicht stellen. Trotz gleichgelagerter
Sachverhalte knüpft der Gesetzgeber an deren jeweilige Verwirklichung
unterschiedliche Rechtsfolgen. Die Motive hiefür, nämlich
budgetäre Erwägungen, vermögen die unterschiedlichen Rechtsfolgen
aber nicht zu tragen und belasten die Regelung daher mit
Gleichheitswidrigkeit."
cc) Unabhängig vom Fehlen einer sachlichen Rechtferti-
gung für den Ausschluss des Kostenersatzes stehe eine derartige
Vorgangsweise auch im Widerspruch zu der vom Verfassungsgerichtshof
in grundrechtsdogmatischer Sicht entwickelten allgemeinen
verfassungsrechtlichen Vorgabe, wonach Eingriffe in verfassungsgesetzlich
geschützte Rechtspositionen nur zulässig sind, soweit
der Eingriff - neben anderen Voraussetzungen - das gelindeste zum
- 22 -
Ziel führende Mittel darstellt. Derartiges könne im vorliegenden
Fall nicht im Mindesten behauptet werden:
" So mag es noch angehen, Mitwirkungspflichten der
Normunterworfenen in jenen Fällen ohne Kostenersatz anzuordnen,
in denen die zu erbringende Leistung umfänglich bloß untergeordneter
Natur oder überhaupt nur schwer einer wirtschaftlichen
Bewertung zugänglich ist, wie dies etwa bei der Verpflichtung zur
Abgabe von (Melde-, Abgaben- oder Zeugen-)Erklärungen der Fall
ist. Nicht aber kann dies in jenen Fällen gelten, in denen die
angeordnete Mitwirkungspflicht ganz substantielle Maßnahmen,
insbesondere finanzieller Natur, des in Pflicht Genommenen erfordert.
Liegt das Schwergewicht der durch die Inpflichtnahme
hervorgerufenen Belastung nicht in der pflichtgemäßen Mitwirkung
als solche, sondern in den damit verbundenen finanziellen Belastungen,
so stellt es einen verfassungswidrigen Eingriff dar,
wenn diese Mitwirkung ohne Kostenersatz angeordnet wird. Nicht
Kostenfreiheit, sondern unabdingbar notwendige Mitwirkungshandlungen
darf sich der Staat zwangsweise beschaffen. In § 89 Abs 2
zweiter Satz TKG erkennt der Gesetzgeber dies ja selbst implizit
an. Die Beschaffung der unabdingbar notwendigen Mitwirkungshandlung
stellt aber dann einen gelinderen zum Ziel führenden Eingriff
in die (verfassungsgesetzlich geschützten) Rechte des in
Pflicht Genommenen dar, wenn sie unter Gewährung eines Kostenersatzes
erfolgt. Läßt eine Inpflichtnahme den Kostenersatz als
'eingriffsmildernde' Maßnahme vermissen, so erweist sich das vom
Gesetzgeber gewählte Mittel dadurch nicht als das gelindeste zum
Ziel führende und belastet die den Eingriff anordnende gesetzliche
Regelung mit Verfassungswidrigkeit."
dd) § 89 Abs. 1 und 3 TKG seien aber auch insoweit
verfassungswidrig, als diese Bestimmungen die Verpflichtung zur
Erbringung einer bloß final umschriebenen, an sich staatlichen
Tätigkeit völlig schrankenlos und ohne Korrelation mit dem durch
diese Tätigkeit zu erreichenden Ziel anordnen. Weder Abs. 1 noch
Abs. 3 des § 89 TKG könne in irgendeiner Form eine Beschränkung
dahingehend entnommen werden, dass der Umfang der Inpflichtnahme
in einem angemessenen Verhältnis zum zu erreichenden Ziel zu
stehen habe. Beide genannten Absätze des § 89 TKG verlangten
beschränkungslos die Bereitstellung aller dem jeweiligen Stand
der Technik entsprechenden Einrichtungen, die zur Überwachung des
Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO erforderlich
seien. Eine derart unbeschränkte Inpflichtnahme Privater übersteige
hinsichtlich der Intensität der Verpflichtung sogar jenes
Ausmaß, welches sich der Staat selbst beim Vollzug von Gesetzen
- 23 -
bzw. bei Überwachung der Einhaltung der Rechtsordnung und Sanktionierung
von Verstößen auferlege (vgl. etwa §§ 206 lit. c, 231
Abs. 1 BAO). Gerade derartige Verhältnismäßigkeitskorrektive
(vgl. auch Art. 13 Abs. 2 und Art. 126b Abs. 5 B-VG) würden den
durch § 89 TKG in Pflicht genommenen Betreibern indes vorenthalten:
" Von ihnen wird eine unbeschränkte Bereitstellung von
Einrichtungen verlangt, ohne daß ein Inbeziehungsetzen oder eine
Abwägung der dadurch erwachsenden Kosten mit dem durch die Maßnahmen
erzielten Erfolg vorgenommen wird. Im genannten
Geschwindigkeitsüberschreitungsbeispiel
würde dies bedeuten, daß
Kfz-Händler die Kosten einer flächendeckenden, lückenlosen
Geschwindigkeitsüberwachung
tragen müssten, ohne daß die Unverhältnismäßigkeit
dieser Maßnahme Berücksichtigung finden könnte.
Daß der Staat dies von sich selbst nicht verlangt und auch nicht
tut, liegt auf der Hand."
b) Ihre Bedenken gegen die Verordnung legen die Antragsteller
zu G 156/02, V 42/02 und zu G 157/02, V 43/02 wie
folgt dar:
aa) Wie § 89 TKG so erweise sich auch die ÜVO als eine
Regelung, die den Betreibern Verpflichtungen auferlege, die weit
ü ber das zulässige Ausmaß hinausgehen, und biete überdies keine
Grundlage, auf Grund derer von den Betreibern für die zu erbringenden
umfassenden Leistungen ein Kostenersatz begehrt werden
könnte. Die Regelungen der ÜVO seien daher - unter anderem - mit
der gleichen Rechtswidrigkeit belastet wie § 89 TKG.
Im Einzelnen bringen die antragstellenden Gesellschaften
Folgendes vor:
" Die ÜVO setzt hinsichtlich dieser Verpflichtung nicht
bloß unter ergänzenden Details auf § 89 TKG auf, sondern ordnet
die Verpflichtung in den §§ 3 und 4 nochmals selbst normativ an.
Eine derartige eigenständige Anordnung durch die Verordnung ist
zwar von Verfassungs wegen dann zulässig, wenn die Anordnung der
Verordnung in der gesetzlichen Grundlage Deckung findet, das
heißt die Verordnung darf die Gesetzesanordnung wiederholen, aber
nicht erweitern oder gar eine eigenständige Verpflichtungsgrundlage
schaffen. Wiederholt die Verordnung nun aber gesetzliche
Bestimmungen, die mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet
sind, so schlägt diese Rechtswidrigkeit auf die Verordnung durch.
- 24 -
Oder anders formuliert: Ist schon eine auf einfachgesetzlicher
Stufe stehende Anordnung unsachlich und unverhältnismäßig, so
kann die inhaltlich gleiche Anordnung nicht auf Verordnungsebene
mängelfrei sein. Solcherart gelten die oben ... gegen die Rechtmäßigkeit
des § 89 TKG dargelegten Bedenken in gleicher Weise für
die ÜVO. Wie § 89 TKG enthält auch die ÜVO weder eine Regelung,
die einen Kostenersatz erlaubt oder gar nähere Determinanten für
dessen Durchsetzung aufstellt, noch finden sich Korrektive, die
die auferlegten Verpflichtungen in einem angemessenen Verhältnis
zum angestrebten Ziel halten würden. Insgesamt erweisen sich die
durch die ÜVO den Betreibern auferlegten Verpflichtungen im
selben Maße als unsachlich, unverhältnismäßig und entschädigungsloses
Sonderopfer der Betreiber, wie dies auch für § 89 TKG
gilt."
Dazu komme im Falle der Verordnung das Argument, dass
die von der Verordnung geforderten technischen Einrichtungen
unter Umständen gerade deswegen in diesem weiten Umfang angeordnet
worden seien, weil das Gesetz kein Kostenkorrektiv für
einen Maß haltenden Gebrauch vorsehe. Diese Fehlerhaftigkeit der
gesetzlichen Grundlage lasse zwar die Verordnung formal als vom
Gesetz gedeckt ansehen, sei aber die Wurzel auch der überschießenden
Verpflichtungsanordnung durch die ÜVO. In einer rechtmäßigen
gesetzlichen Grundlage könnte die ÜVO in ihrer derzeitigen
Form keinesfalls Deckung finden. Dies gelte in besonderem
Maße für das in § 4 Abs. 1 Z 4 ÜVO angeordnete, besonders
kostspielige Erfordernis, dass die Schnittstelle, an der
die zu überwachende Telekommunikation bereitgestellt wird, dem
sog. ETSI-Standard entsprechen müsse:
" Eine derartige Anordnung betrifft nur die inhaltliche
Struktur der Daten, stellt also ein bloßes Datenformat dar. Für
die Überwachung des Fernmeldeverkehrs ist aus technischer Sicht
keineswegs erforderlich, daß die Daten in einem bestimmten Format
ü bermittelt werden. Sie ist vielmehr eine bloße Serviceleistung
der Betreiber an den Überwachungen durchführenden Staat, indem
sie die Betreiber verpflichtet, die jeweiligen betreiberintern
verwendeten Schnittstellen-Standards in den ETSI-Standard zu konvertieren.
Ebensowenig würde man ja - um ein Parallelbeispiel aus
dem Bereich konventioneller Mitwirkungspflichten zu nehmen - auch
die Forderung der Behörden für zulässig halten, die nach § 53
Abs 3a SPG bekanntzugebenden Daten in Lederbänden mit Goldprägung
zu übermitteln: Der Informationsgehalt ist dergleiche, nur die
Form ist eine andere. Reine Umformungstätigkeit könnte aber -
ohne daß dies die Möglichkeit einer Überwachung als solche in
irgendeiner Form beeinträchtigen würde - genausogut vom datenempfangenden
Staat vorgenommen werden. Aus gesamtwirtschaftlicher
- 25 -
Sicht wäre dies sogar sinnvoller, da in diesem Fall nur eine
Konvertierungsstelle, nämlich beim datenempfangenden Staat, und
nicht eine Vielzahl von Konvertierungsstellen, nämlich bei jedem
datensendenden Betreiber, erforderlich wäre. Dennoch wird auch
diese Maßnahme auf die Betreiber überwälzt. Zur Überwachung des
Fernmeldeverkehrs erforderlich ist dies nicht, was die mangelnde
Deckung dieser Bestimmung durch das Gesetz erweist."
Insgesamt stellten sich die durch die ÜVO angeordneten
Verpflichtungen sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich
ihrer inhaltlichen (weil viel zu weit gehenden und kostenlos zu
erbringenden) Ausgestaltung als gesetzwidrig dar und seien daher
aufzuheben.
bb) Darüber hinaus leide - so die antragstellenden Gesellschaften
- die ÜVO an einem Kundmachungsmangel, weil sie
nicht durch jene drei Bundesminister, die gemäß § 89 Abs. 3 TGK
einvernehmlich vorzugehen hätten, sondern nur durch einen von
ihnen, nämlich den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie, im BGBl. kundgemacht worden sei.
5. Die zu G 37/02, G 118/02, G 122/02 und G 195/02 antragstellenden
Telekommunikationsunternehmen legen ihre Bedenken
gegen § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG (Ausschluss des Kostenersatzes)
wie folgt dar:
a) § 89 TKG sehe hinsichtlich der Mitwirkung der Netzbetreiber
an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs ein unterschiedliches
Regelungsregime vor: Während § 89 Abs. 1 TKG die
Netzbetreiber verpflichte, alle Einrichtungen bereitzustellen,
die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen
der StPO erforderlich sind, und einen Kostenersatz für diese
Implementierung ausdrücklich ausschließe, verpflichte § 89 Abs. 2
TKG die Betreiber zwar zur Mitwirkung an der Überwachung des
Fernmeldeverkehrs, räume ihnen aber eine Anspruch auf "Ersatz der
angemessenen Kosten" ein.
Diese Ungleichbehandlung (kein Kostenersatz/Kostenersatz)
an sich gleich gelagerter Sachverhalte (Bereitstellung
- 26 -
der Überwachungseinrichtungen/Mitwirkung an der Überwachung) sei
insofern unverständlich, als die Anschaffungs- und Implementierungskosten
ein Vielfaches des Aufwandes für die Mitwirkung an
der behördlichen Fernmeldeüberwachung ausmachen und überdies
regelmäßig alle drei bis fünf Jahre anfallen würden.
Eine taugliche sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung
gleich gelagerter Sachverhalte sei nicht ersichtlich:
Der Gesetzgeber habe den Ersatz der Kosten für die
Bereitstellung der Überwachungseinrichtungen offenbar nur deshalb
ausdrücklich ausgeschlossen, weil ihm diese zu hoch gewesen
seien; die Kosten, die einem Netzbetreiber bei der Mitwirkung an
der Überwachung des Fernmeldeverkehrs entstehen, sollten dagegen
- "offenbar: angesichts ihrer vergleichsweisen Geringfügigkeit" -
in angemessenem Ausmaß ersetzt werden.
Nun entspreche es der ständigen verfassungsgerichtlichen
Judikatur, dass budgetäre Erwägungen allein nicht ausreichten, um
eine Kostenüberwälzung sachlich zu rechtfertigen (vgl. VfSlg.
15.773/2000). Solche budgetären Erwägungen seien aber umso
weniger ausreichend, als sich der Gesetzgeber im § 89 Abs. 2 TKG
selbst zur - verfassungsrechtlich gebotenen - Entschädigung für
die mit der Inpflichtnahme verbundenen Kosten bekenne. Die Regelung
des § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG sei daher im Hinblick auf
die im § 89 Abs. 2 TKG ausdrücklich normierte Kostenersatzpflicht
gleichheitswidrig, weil der Gesetzgeber an gleich gelagerte
Sachverhalte ohne sachliche Rechtfertigung ungleiche Rechtsfolgen
geknüpft habe.
Eine taugliche sachliche Rechtfertigung könne nur im
" inneren Zusammenhang zwischen den allfälligen Vorteilen und der
Belastung gesehen werden", welcher im vorliegenden Fall aber
nicht gegeben sei: Derartige Vorteile bestünden nicht, zumal die
Diensteanbieter mit den zu überwachenden Personen nicht einmal in
einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis stünden: § 89 Abs. 1
TKG iVm § 3 Abs. 1 und 2 ÜVO verpflichte die Betreiber nämlich,
die von einem Teilnehmeranschluss aus gewählten Adressen bzw. die
- 27 -
Anrufe zu diesem Teilnehmeranschluss ersichtlich zu machen. Dies
bedeute im Ergebnis, dass die Betreiber keineswegs bloß den Anschluss
jener Endkunden überwachen müssten, die mit ihnen in Vertragsbeziehung
stünden; vielmehr müssten sie gleichzeitig auch
jene Endkunden überwachen, die deren Endkunden zu erreichen versuchen,
also zu Personen, zu denen der Betreiber in keiner
rechtlichen Beziehung stünde.
Die Unsachlichkeit des gesetzlichen Ausschlusses eines
Kostenersatzes für die Anschaffung, Implementierung und Instandhaltung
von Überwachungseinrichtungen zeige sich schließlich auch
daran, dass der Gesetzgeber in keiner Art und Weise auf die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des jeweiligen Netzbetreibers abstelle.
Dennoch seien auch die "Kleinstnetzbetreiber" (etwa Konzessionäre
mit einem auf das Gemeindegebiet beschränkten Netz)
verpflichtet, die Investitionen für die Überwachungseinrichtungen
in ihren Netzen vorzunehmen. Für kleinere Netzbetreiber seien die
in § 89 TKG iVm ÜVO normierten Verpflichtungen ohne Kostenersatz
ruinös.
Dass die Netzbetreiber nicht bloß zur Mitwirkung an der
Ü berwachung, sondern auch zur alleinigen Tragung der Kosten für
die Überwachungseinrichtungen verhalten seien, stelle ein gleichheitswidriges
Sonderopfer dar.
b) Die gesetzliche Verpflichtung, auf eigene Kosten Einrichtungen
zu erwerben, zu implementieren und in Stand zu halten,
die den staatlichen Behörden die Überwachung des Fernmeldeverkehrs
ermöglichen, greife aber auch in vermögenswerte Privatrechte
und damit in das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht
ein. Da der Gesetzgeber, wie bereits dargetan, in
keiner Weise auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der verpflichteten
Netzbetreiber abgestellt habe, werde die Unverhältnismäßigkeit
des gesetzlichen Ausschlusses einer Kostenersatzpflicht
deutlich.
- 28 -
c) Die zu G 37/02, G 122/02 und G 195/02 antragstellenden
Netzbetreiber bringen weiters vor, dass die inkriminierte
Regelung gegen den Konnexitätsgrundsatz des § 2 F-VG verstoße,
wonach der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, sofern die
zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der
sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, tragen. Nach dieser
Bestimmung wäre daher grundsätzlich der Bund zuständig, die aus
der Überwachung des Fernmeldeverkehrs im Dienste der Strafjustiz
resultierenden Kosten zu tragen (arg.: "Strafrechtswesen" iSd
Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG). Zwar könne der zuständige Materiengesetzgeber
eine davon abweichende Kostentragungsregel erlassen,
eine solche Abweichung müsste aber zum einen nach der verfassungsgerichtlichen
Judikatur (VfSlg. 11.633/1988) im Finanzausgleichsgesetz
getroffen werden und zum anderen bedürfte eine
derartige Überwälzung einer besonderen sachlichen Rechtfertigung
(VfSlg. 15.773/2000), welche aber im vorliegenden Fall nicht
ersichtlich sei.
d) Die zu G 118/02 antragstellende Gesellschaft macht
weiters eine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit geltend:
Infolge der Verpflichtung zur Bereitstellung der Überwachungseinrichtungen
unter Ausschluss eines Kostenersatzes seien die
Betreiber zu umfangreichen Investitionen unter Aufwendung eigener
Mittel angehalten; dadurch komme es zur unfreiwilligen Bindung
finanzieller Mittel des jeweiligen Betreibers, der dadurch in
seiner Erwerbsfreiheit beschränkt werde.
Wie bereits im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines Verstoßes
gegen die Eigentumsfreiheit dargetan, entbehre der gesetzliche
Kostenersatzausschluss eines öffentlichen Interesses,
das ihn rechtfertigen könnte, sodass § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG
auch deshalb verfassungswidrig sei. Auch fehle es einem derartigen
Kostenersatzausschluss an Adäquanz und einer sachlichen
Rechtfertigung. Vor allem aber wäre eine Inpflichtnahme unter
Kostenersatz im Vergleich zur kostenlosen Bereithaltung das
" gelindere Mittel".
- 29 -
6. Die Bundesregierung hat im Verfahren G 37/02 eine
Ä ußerung erstattet, auf die sie in allen anderen Verfahren -
ungeachtet des Umstandes, dass insbesondere die unter Pkt. I.1.a)
genannten Anträge G 156/02 und G 157/02 sowohl in Ansehung des
Prüfungsgegenstandes als auch der Bedenken über jenen zu G 37/02
protokollierten hinausgehen - verwies. Sie begehrt die Abweisung
der (Gesetzesprüfungs-)Anträge; für den Fall der Aufhebung der
angefochtenen Bestimmung möge für deren In-Kraft-Treten eine
Frist von einem Jahr gesetzt werden, um die erforderlichen legistischen
Vorkehrungen zu ermöglichen.
a) Dem Vorbringen, dass es gleichheitswidrig sei, zwar
für die Mitwirkung, nicht aber für die Bereitstellung der erforderlichen
Technik einen Kostenersatz vorzusehen, und zudem den
Betreibern ohne ausreichende sachliche Rechtfertigung ein
" Sonderopfer" aufzuerlegen, hält die Bundesregierung Folgendes
entgegen:
" Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen grundsätzlich
nicht gehindert, für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben - hier
der Aufgabe der Strafverfolgung im weiteren Sinn, die grundsätzlich
den Gerichten und Staatsanwaltschaften unter Mitwirkung der
Sicherheitsbehörden obliegt - Mitwirkungspflichten Dritter vorzusehen,
wenn diese an Beziehungen rechtlicher oder wirtschaftlicher
Art anknüpfen, doch müssen diese in ihrer Qualität und
ihrem Umfang angemessen sein. Die Auferlegung von Mitwirkungspflichten
jedweden Inhalts und jedweder Intensität, so hält der
Gerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.773/2000 fest, sei
nicht gerechtfertigt (vgl. auch VfGH vom 1.10.2001, G 224/01).
Solche Mitwirkungspflichten sind gerade dem Strafverfahren
immanent. Zu erwähnen wären etwa die jeweils einen unbestimmten
Personenkreis treffenden Zeugnispflichten (§§ 150 ff StPO) oder
die allgemeine Bürgerpflicht, als Geschworener oder Schöffe an
der Rechtsprechung mitzuwirken (§ 1 des Geschworenen- und
Schöffengesetzes). § 143 Abs. 2 StPO wiederum legt jedermann die
Verpflichtung auf, beweiserhebliche Gegenstände und Urkunden
herauszugeben (Editionspflicht), wobei diese Herausgabepflicht
nach oberstgerichtlicher Judikatur (EvBl 1990/167) auch die
Pflicht umfasst, beweiserhebliche Gegenstände (Urkunden) - nach
Möglichkeit - von anderen zu sondern. Nur wenn eine derartige
Mitwirkung im Einzelfall mit einem nicht ganz unerheblichen
Aufwand für den Betroffenen verbunden ist, kann dieser einen
Ersatzanspruch für die mit der Erfüllung des gerichtlichen Auftrages
notwendigerweise verbundenen Kosten geltend machen (siehe
nunmehr § 143 Abs. 3 StPO idF BGBl. I Nr. 108/2000; siehe dazu
näher JAB 289 BlgNR XXI. GP). Weiters verpflichtet die StPO
- 30 -
Den genannten Mitwirkungspflichten ist gemeinsam, dass
Sachverständige, ihre Fachkenntnisse den Gerichten zur Verfügung
zu stellen (§§ 118 ff StPO).
sie für den Fall der Weigerung des Betroffenen mit Zwang (Beugestrafe;
Durchsuchung bzw. Beschlagnahme) durchgesetzt werden
können und bloß einen Ersatzanspruch für die unmittelbar mit der
Erfüllung der Pflicht verbundenen Aufwendungen vorsehen (§ 143
Abs. 3 StPO; Gebührenanspruchsgesetz 1975). Die Aufwendungen
jedoch, die etwa ein Sachverständiger erbringen muss, um die
Eintragungsvoraussetzungen in die Sachverständigenliste zu erfüllen
(§ 2 SDG), werden ihm nicht abgegolten. Mehr noch: Bei der
Bemessung der Gebühr für Mühewaltung ist nach § 34 Abs. 2 GebAG
1975 mit der Maßgabe vorzugehen, dass dabei einerseits auch auf
die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit
Bedacht zu nehmen und andererseits eine weitgehende Annäherung
an die außergerichtlichen Einkünfte anzustreben ist -
und auch dies nur insoweit, als das GebAG nicht Tarifansätze
(§§ 43 ff) vorsieht, die in der Regel bei weitem nicht das Niveau
der außergerichtlichen Einkünfte des Sachverständigen erreichen.
Eine Bestimmung in voller Höhe dieser außergerichtlichen Einkünfte
ist nur unter gesetzlich determinierten und engen Voraussetzungen
zulässig (§ 34 Abs. 2 Z 1 bis 3 GebAG 1975). Auch das Ausmaß
der Schöffen, Geschworenen und Zeugen zustehenden Gebühr für
Verpflegung, Nächtigung und Zeitversäumnis (vgl. §§ 14 ff GebAG
1975) zeigt, dass die mit der jeweiligen Mitwirkungspflicht
verbundenen Aufwendungen im Dienste der Rechtspflege nicht in
voller Höhe abgegolten werden."
An dieses strafprozessuale Regelungsmodell (Anordnung
einer Pflicht zur Mitwirkung, die nur im Fall der tatsächlichen
Inanspruchnahme eine Pflicht zum Kostenersatz auslöst) habe der
Gesetzgeber angeknüpft, nachdem mit dem Poststrukturgesetz, BGBl.
201/1996, die Liberalisierung am Telekom-Sektor eingeleitet und
zur Besorgung der bis zu diesem Zeitpunkt von der Post- und
Telegraphenverwaltung
wahrgenommenen Aufgaben, die Post und Telekom
Austria AG gegründet und ihr aufgetragen worden sei, möglichst
günstige Voraussetzungen für die Privatisierung u.a. des Fernmeldewesens
zu schaffen. Der Gesetzgeber hätte auch auf eine
angemessene Verteilung der Chancen und Risken aus der Liberalisierung
des Fernmeldewesens zu achten, um diesem Wachstumsmarkt
geeignete Bedingungen zu verschaffen. Unter dem - gemeinschaftsrechtlichen
- Gesichtspunkt der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
wäre es im Vergleich zu am deutschen Markt operierenden
Netzbetreibern eine Ungleichbehandlung, wenn der österreichische
Gesetzgeber die zur Ermöglichung der Durchführung einer gericht-
- 31 -
lich angeordneten Überwachung des Fernmeldeverkehrs (§§ 149a ff.
StPO) erforderlichen Einrichtungen alleine aus staatlichen Mitteln
finanziert hätte.
Dass im Bereich der Überwachung der Telekommunikation
Umstände vorlägen, die eine Inpflichtnahme gerade der Betreiber
sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen, sei - neben der faktisch-
technischen Unmöglichkeit, auf andere Weise die Anwendung
dieses zur Verbrechensaufklärung höchst wirksamen Instrumentariums
sicherzustellen - auch im Übergang einer vormals hoheitlich
besorgten Staatsaufgabe zu einem privatwirtschaftlich organisierten
Zweig der Marktwirtschaft zu sehen:
" Durch die vollständige Liberalisierung der Telekomdienste
wurde eine Marktchance eröffnet und die bislang monopolistisch
agierende Telekom Austria AG als Rechtsnachfolgerin
der hoheitlich agierenden Post- und Telegrafenverwaltung dem
'freien' Wettbewerb ausgesetzt. Neben wettbewerbsrechtlichen
Gründen (als Rechtsnachfolgerin der PTA verfügte die Telekom
Austria AG über die erforderlichen Einrichtungen zur Sicherstellung
einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs, wofür sie keine
Abgeltung verlangen hätte können) erscheint es - dem Gebot der
Gleichbehandlung entsprechend - nicht als unsachlich, wenn mit
der Eröffnung beträchtlicher Gewinnchancen auch die Übernahme von
gemeinschaftsbezogenen Verpflichtungen verbunden wird."
b) Zum Vorwurf des "gleichheitswidrigen Sonderopfers"
heißt es sodann:
" Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist
eine Entschädigung weder bei Enteignungen noch bei Eigentumsbeschränkungen
verfassungsrechtlich geboten (vgl. z.B. VfSlg.
10.841/1986, 14.405/1996). Im Zusammenhang mit der Frage der
Entschädigung bei Enteignungen hat der Verfassungsgerichtshof
argumentiert, dass es verfassungswidrig sei, wenn durch eine
entschädigungslose Enteignung mehreren Personen zwar gleiche
Vorteile, nicht aber auch gleiche Vermögenseinbußen entstehen
('Sonderopfertheorie' vgl. VfSlg. 6884/1972, 7234/1973,
10.841/1986). Auch zu diesem Vorwurf ist auf die oben stehenden
Ausführungen zu verweisen. Nach Auffassung der Bundesregierung
handelt es sich nicht um eine Enteignung, sondern um eine bloße
Eigentumsbeschränkung. Die im vorliegenden Zusammenhang normierte
Eigentumsbeschränkung ist was die Intensität des Eingriffs betrifft,
ausgewogen. Sie ist aber auch, wie im folgenden noch aufgezeigt
wird, wirtschaftlich zumutbar und sachlich gerechtfertigt.
In diesem Zusammenhang von einem 'Sonderopfer' zu
sprechen, erscheint nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat,
- 32 -
wie bereits oben ... ausgeführt, auf eine angemessene Verteilung
der Chancen und Risken aus der Liberalisierung des Fernmeldewesens
zu achten ... Bei einer solchen Betrachtung erscheint es
... durchaus angemessen, die Kosten der für die Ermöglichung der
Durchführung einer gerichtlich angeordneten Überwachung notwendige
Vorkehrungen den Betreibern zuzuordnen. Es liegt daher aus
den dargelegten Gründen kein 'verfassungswidriges Sonderopfer'
vor, das nur eine Seite in unfairer Weise belastet. Zudem trifft
die Regelung alle Betreiber öffentlicher Telekommunikationsdienste
in gleicher Weise (vgl. Berka, Grundrechte, Handbuch
1999, Rz 735; ders., Lehrbuch Grundrechte 2000, Rz 410)."
c) Was den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit der zur
Aufhebung beantragten Bestimmungen unter dem Aspekt der Eigentumsfreiheit
anlangt, bestreitet die Bundesregierung zwar nicht,
dass sowohl die Verpflichtung der Betreiber, auf ihre Kosten
Einrichtungen bereitzustellen (§ 89 Abs. 1 TKG), als auch die
Mitwirkungspflicht an der Durchführung der Überwachung (§ 89
Abs. 2 TKG) einen Eingriff in das in Rede stehende Grundrecht
darstellten, meint aber, dass dieser im öffentlichen Interesse
läge und nicht unverhältnismäßig sei:
einen öffentlichen Sprachtelefondienst mittels eines
" Die Sicherung der Strafverfolgung und die Verringerung
der mit der Nutzung moderner Kommunikationsformen verbundenen
Möglichkeiten, sich vor gerichtlich angeordneten Überwachungsmaßnahmen
abzuschirmen, liegt ohne jeden Zweifel im Allgemeininteresse
und widerstreitet daher nicht dem Sachlichkeitsgebot.
Die grundsätzliche Verpflichtung, Einrichtungen zur Gewährleistung
dieser (unter strengen gesetzlichen Kautelen stehenden)
Ü berwachungsmöglichkeit bereit zu stellen, trifft alle Betreiber
ö ffentlicher Telekommunikationsdienste in gleicher Weise und
wurde durch die Überwachungsverordnung, BGBl. II Nr. 418/2001,
konkretisiert und näher determiniert. Dem Verhältnismäßigkeitsgebot
entsprechend wurde diese Verpflichtung auf Betreiber eingeschränkt,
die einen konzessionspflichtigen Dienst gemäß § 14
TKG erbringen und in deren Netz physikalische Teilnehmeranschlüsse
vorhanden sind (§ 2 Z 1 ÜVO). Die Verpflichtung nach § 89
Abs. 1 TKG iVm den Bestimmungen der genannten Verordnung wird
daher auf jene Betreiber eingeschränkt, die
andere öffentliche Mobilfunkdienste mittels selbst
selbst betriebenen festen Telekommunikationsnetzes,
einen mobilen Sprachtelefondienst oder
betriebener Mobilkommunikationsnetze erbringen oder
Mietleitungen mittels selbst betriebener fester Telekommunikationsnetze
ö ffentlich anbieten, sofern in ihrem Netz
- 33 -
Andere Erbringer von leitungsgebundenen oder mobilen
auch tatsächlich bestimmte individuelle Teilnehmeranschlüsse
vorhanden sind.
Telekommunikationsdiensten - z.B. reine Internet Service Provider
- werden daher von den Verpflichtungen der Verordnung nicht
erfasst.
Anliegen ... kleinere[r] und regionale[r] Erbringer von
Der Umfang der sich aus der Verordnung ergebenden Verpflichtungen
sowie die nähere technische Ausgestaltung der bereitzustellenden
Einrichtungen ergeben sich aus den §§ 3 und 4
Ü VO. Hervorzuheben ist, dass Betreiber künftig in der Lage sein
müssen, die "aktive und passive Überwachung" eines Teilnehmeranschlusses
(= die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation,
die von dem zu überwachenden Teilnehmeranschluss ausgeht
oder für diesen bestimmt ist - § 3 Abs. 1 Z 1 ÜVO) zu ermöglichen.
Des Weiteren müssen die technischen Einrichtungen so ausgestaltet
sein, dass eine solche aktive und passive Überwachung
sowohl hinsichtlich des Kommunikationsinhalts als auch hinsichtlich
der sogenannten äußeren Gesprächsdaten des überwachten Anschlusses
gewährleistet ist (§ 3 Abs. 2 ÜVO).
Telekommunikationsdiensten wurden dadurch berücksichtigt, dass
ihnen ermöglicht wird, sich hinsichtlich einzelner der in § 3
Abs. 2 taxativ aufgezählten Funktionen darauf zu berufen, es sei
ihnen die Bereitstellung auf Grund wirtschaftlicher und technischer
Gegebenheiten unzumutbar (§ 3 Abs. 3 ÜVO).
Nach Auffassung der Bundesregierung erscheine es daher
d) Zur behaupteten Verletzung des so genannten Kon-
Insgesamt hat daher der Gesetzgeber eine in sich ausgewogene
und abwägende Regelung getroffen, die einerseits auf das
ö ffentliche Interesse an der Sicherung der Strafverfolgung und
andererseits darauf abstellt, dass die Öffnung von Marktchancen
und die Bereitstellung von auch für kriminelle Zwecke missbrauchbaren
Kommunikationsmitteln auch einen Gemeinschaftsbezug auslöst."
gerechtfertigt, wenn bloß die Leistungen der Betreiber im Einzelfall
abgegolten werden, nicht jedoch die Investitionskosten
zur Sicherstellung der im Allgemeininteresse gelegenen Aufgabe
der Strafverfolgung mit der ihr innewohnenden Prävention zukünftiger
strafbarer Handlungen.
nexitätsgrundsatzes (§ 2 F-VG) vertritt die Bundesregierung die
Auffassung, dass die Antragsteller übersähen, dass § 2 F-VG nur
Kostenverschiebungen zwischen den Finanzausgleichspartnern
regle. Die Frage, inwieweit eine Gebietskörperschaft befugt
- 34 -
sei, die Kosten der Erfüllung von Staatsaufgaben Privaten anzulasten,
sei eben nicht anhand des § 2 F-VG, sondern anhand
anderer verfassungsrechtlicher Normen zu beantworten [siehe
Ruppe, in: Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht,
§ 2 F-VG, Rz 24 (2001)].
7. Der gemäß § 58 Abs. 2 VfGG zur Vertretung der ÜVO
berufene Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
hat die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet,
in der er die Abweisung der (zu V 42/02 und V 43/02 protokollierten)
Anträge auf Aufhebung der ÜVO begehrt.
a) Er hält diesen zunächst entgegenhält, dass die antragstellenden
Gesellschaften primär die gesetzliche Grundlage
der ÜVO für verfassungswidrig erachteten und daraus die Gesetzwidrigkeit
der ÜVO ableiteten, sie jedoch keine Bedenken
gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung selbst darlegten, was
aber "allein Prüfungsgegenstand im Falle eines Antrages nach
Art. 139 B-VG" sei. Dass die Verordnung als vom Gesetz gedeckt
anzusehen sei, werde auch durch einen Vergleich der gesetzlichen
Ermächtigung mit dem Inhalt der ÜVO deutlich; auch von einer
ü berschießenden Inanspruchnahme dieser Ermächtigung könne nicht
die Rede sein:
"§ 89 Abs. 3 ÜVO normiert, dass der Bundesminister für
Wissenschaft und Verkehr im Einvernehmen mit den Bundesministern
für Inneres und für Justiz durch Verordnung, dem jeweiligen Stand
der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen für die Gestaltung
der technischen Einrichtungen zur Gewährleistung der
Ü berwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der
StPO festsetzen kann.
Auf dieser Grundlage beschreibt § 3 ÜVO die technischen
Einrichtungen und stellt dabei darauf ab, dass die Betreiber den
Inhalt der Telekommunikation und die sonst mit der Überwachung
der Telekommunikation in Zusammenhang stehenden erforderlichen
Informationen zur Verfügung zu stellen haben. Es scheint unbestritten
und wird auch von de[n antragstellenden Gesesellschaften]
nicht in Abrede gestellt, dass diese Informationen zur
Gewährleistung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den
Bestimmungen der StPO erforderlich sind. Darüber hinaus hat der
Verordnungsgeber nicht übersehen, dass in Einzelfällen sehr wohl
auch wirtschaftliche Gründe für den Umfang der Verpflichtung
- 35 -
Anschließend normiert § 4 ÜVO die Art und Form der Übermaßgeblich
sein können und hat festgelegt, dass bestimmte, in § 3
Abs. 2 genannte Daten im Einzelfall nur soweit zur Verfügung zu
stellen sind, als dies auf Grund wirtschaftlicher und technischer
Gegebenheiten zumutbar ist.
tragung der Informationen an die mit der Überwachung der Telekommunikation
betrauten Stellen.
Für die Beschreibung der Gestaltung einer technischen
Wenn nun die [antragstellenden Gesellschaften] einwende[
n], die Festlegung der Art und Form der Zurverfügungstellung
der Daten, insbesondere die Festlegung europäischer Standards,
entspräche nicht der gesetzlichen Grundlage, übersieht sie, dass
§ 89 Abs. 3 ausdrücklich davon spricht, dass der Verordnungsgeber
ermächtigt wird, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend,
die näheren Bestimmungen für die Gestaltung der technischen Einrichtungen
zur Gewährleistung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs
nach den Bestimmungen der StPO festzusetzen.
Einrichtung stehen grundsätzlich zwei Wege offen. Entweder erfolgt
diese durch Nennung aller technischen Details oder durch
Abstellen auf die Funktionalitäten der Einrichtung. Beide Formen
müssen als gleichwertig angesehen werden, da es keinen Unterschied
macht, ob technische Vorgaben umschrieben werden, die die
Einrichtung in die Lage versetzen, bestimmte Funktionen zu erbringen,
oder ob die Gestaltung der Technik final, also von den
zu erbringenden Funktionen her, beschrieben wird.
Der Verweis des Gesetzgebers auf den jeweiligen Stand
Für die Überwachungsverordnung wurde der zweite Weg gewählt.
Wenn die [antragstellenden Gesellschaften] also vermein[
en], in der Festlegung der Formate, in denen die Informationen
zur Verfügung zu stellen sind, eine Gesetzwidrigkeit zu
erblicken, muss [ihnen] entgegengehalten werden, dass es die
Ermächtigung des Gesetzgebers zulässt, die Gestaltung so zu
beschreiben, dass die technischen Einrichtungen - wie dies für
die effektive Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen
der StPO notwendig ist - die Informationen in bestimmten
Formaten zur Verfügung stellen können müssen. Die Ermächtigung
zur Beschreibung der Gestaltung umfasst demnach nicht
nur das was zu übermitteln ist, sondern auch wie dies zu erfolgen
hat.
der Technik in S 89 Abs. 3 StPO stellt darüber hinaus klar, dass
bei der Beschreibung auf die auf dem betreffenden Sektor erreichte
technische Entwicklung Bedacht zu nehmen ist. Genau diese
Anforderung wurde aber durch Festlegung des Europäischen Standards
ES 201 671, Version 2.1.1, erfüllt, da es sich bei diesem
Standard um das im europäischen Raum in Hinkunft übliche Datenformat
handelt. Der Verordnungsgeber hat dabei sehr wohl berücksichtigt,
dass die Einrichtung dieses Formates mit Umstellungsarbeiten
verbunden sein kann und hat demnach vorgesehen,
dass diesen Vorgaben erst mit 1. Jänner 2005 entsprochen werden
muss. Von einer überschießenden Inanspruchnahme der gesetzlichen
- 36 -
Ermächtigung kann also auch hinsichtlich dieses Punktes nicht
gesprochen werden."
b) Ebenso wenig kommt nach Auffassung des Bundesministers
für Verkehr, Innovation und Technologie dem Vorwurf der
gesetzwidrigen Kundmachung Berechtigung zu:
§ 89 Abs. 3 TKG ermächtige eindeutig den Bundesminister
für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie) zur Erlassung der Verordnung.
Dieser sei dabei lediglich gehalten, das Einvernehmen mit dem
Bundesminister für Justiz und dem Bundesminister für Inneres
herzustellen, was nach herrschender Lehre und Rechtsprechung als
" Zustimmung", sohin als bei der Willensbildung einzuhaltende Vorgangsweise,
zu verstehen sei. Wie aus den übermittelten Akten
hervorgehe, seien die genannten beteiligten Ressorts nicht nur in
zahlreichen Besprechungen zur Mitarbeit an der Texterstellung der
nunmehr angefochtenen Verordnung aufgefordert, sondern sei am
31. Oktober 2001 explizit das Einvernehmen mit dem Bundesminister
für Justiz und am 5. November 2001 das Einvernehmen mit dem
Bundesminister für Inneres hergestellt worden. Die interne
Willensbildung, die in den Verwaltungsakt "Überwachungsverordnung"
gemündet hat, habe sohin in gesetzeskonformer Weise stattgefunden.
Hinsichtlich des Formalaktes der Kundmachung bestünden
indes keinerlei gesetzliche Sonderbestimmungen, welche zu beachten
gewesen wären, sodass sich die Verordnung mit dem in der
Promulgation festgehaltenen Hinweis auf die einvernehmlich
erfolgte Willensbildung begnügen konnte.
8. Über Aufforderungen des Gerichtshofes gaben die Bundesregierung
und der Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie zur Frage, von welchem Kosten- und Personalaufwand
für Überwachungsmaßnahmen nach den Bestimmungen der StPO der
Gesetzgeber bei Erlassung des § 89 ausgegangen ist bzw. ob vor
Erlassung der Verordnung Erhebungen darüber geführt wurden, wie
- 37 -
hoch die Kosten für die Installation und Instandhaltung der von
der ÜVO geforderten technischen Maßnahmen voraussichtlich sein
werden, bekannt, dass zwar im Bezug auf die Determinanten "Erforderlichkeit"
und "Stand der Technik" eingehende Ermittlungen
durchgeführt worden seien. Hinsichtlich der Kosten für die Installation
und für die Instandhaltung der zur Überwachung erforderlichen
und dem Stand der Technik entsprechenden technischen
Maßnahmen seien im Zuge der Ausarbeitung der Überwachungsverordnung
aber keine Erhebungen angestellt worden; dies nicht zuletzt
deshalb, weil der gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 ÜVO einzuhaltende Standard
erst kurz vor Erlassung der ÜVO verabschiedet worden sei und
darüber hinaus die durch die Installation entstehenden Kosten für
jeden einzelnen Betreiber gesondert errechnet hätten werden
müssen.
Aus diesen Gründen könne auch zu den von den einzelnen
Antragstellern genannten, ihnen durch die Implementierung entstehenden
(entstandenen) Kosten keine Stellungnahme abgegeben
werden.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. a) Gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof
ü ber die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen
sowie gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG über die Gesetzwidrigkeit von
Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese
Verfassungs-/Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein
behauptet, sofern die betreffende Norm ohne Fällung einer gerichtlichen
Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für
diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin einerseits,
dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das
angefochtene Gesetz oder die angefochtene Verordnung ˆ im Hinblick
auf die Rechtswidrigkeit der betreffenden Norm ˆ in seinen
Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Norm
- 38 -
für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer
gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides
wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation
ist daher, dass das Gesetz oder die Verordnung in die
Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese ˆ
im Falle ihrer Rechtswidrigkeit ˆ verletzt.
Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis
zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz oder die
Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers
unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist
jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß
durch die Norm selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich
geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell,
sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller
kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des ˆ behaupteterweise
ˆ rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht.
b) Die antragstellenden Gesellschaften sind "Betreiber"
von Mobilfunk- oder Festnetzen iSd § 89 Abs. 1 TKG und § 2 Z 1
Ü VO. Sie sind sowohl kraft § 89 Abs. 1 TKG als auch wegen dessen
näherer Ausführung in der ÜVO kraft dieser unmittelbar verpflichtet,
alle Einrichtungen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
nach den Bestimmungen der StPO kostenlos bereitzustellen. Sowohl
durch die im ersten Satz des § 89 Abs. 1 TKG sowie in der ÜVO
insgesamt normierten Bereitstellungsverpflichtung als auch durch
die ausdrückliche Anordnung fehlenden Kostenersatzes für diese
Verpflichtung in § 89 Abs. 1 zweiter Satz TKG wird nachteilig in
die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften unmittelbar
eingegriffen. Da abgesehen von der unzumutbaren (vgl. VfSlg.
8396/1978, 15.509/1999 uva.) Erwirkung eines Verwaltungsstrafverfahrens
gemäß § 104 Abs. 3 Z 20 TKG kein Weg zur Abwehr des nach
Meinung der antragstellenden Gesellschaften rechtswidrigen Eingriffes
des § 89 Abs. 1 (letzter Satz) TKG sowie der ÜVO in die
Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften zur Verfügung
steht, sind die Anträge zulässig, soweit sie die Aufhebung des
§ 89 Abs. 1 erster und zweiter Satz TKG sowie der ÜVO bzw. (bloß)
- 39 -
des zweiten Satzes der genannten Gesetzesstelle wegen Rechtswidrigkeit
begehren.
Da nach der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes
die (Mit-)Anfechtung der einer Verordnung zugrunde liegenden
gesetzlichen Ermächtigung zulässig ist, wenn die - unmittelbar
in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifende - Verordnung
bereits erlassen wurde (vgl. VfSlg. 15.316/1998), erweisen
sich die zu G 156/02, V 42/02 und G 157/02, V 43/02 protokollierten
Anträge auch in Ansehung des § 89 Abs. 3 TKG (und
sohin insgesamt) als zulässig.
2. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
a) Die angefochtenen (Gesetzes-)Bestimmungen treffen
zwei verschiedene, wenn auch inhaltlich zusammenhängende rechtliche
Regelungen: Der erste Satz des § 89 Abs. 1 TKG verpflichtet
die Betreiber von Telekommunikationsdiensten zur Vorhaltung aller
Einrichtungen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den
Bestimmungen der StPO, eine Verpflichtung, die kraft § 89 Abs. 1
erster Satz TKG bereits unabhängig von der Erlassung der ÜVO besteht,
durch diese aber inhaltlich näher konkretisiert wird. Als
zweite rechtliche Belastung ist aus § 89 Abs. 1 zweiter Satz TKG
in Zusammenhang mit § 89 Abs. 2 zweiter Satz TKG abzuleiten, dass
zwar für die einzelnen konkreten Maßnahmen der Überwachung des
Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO dem Betreiber
des Telekommunikationsdienstes ein angemessener Kostenersatz zusteht,
dass hingegen ein Kostenersatzanspruch für die erheblichen
Investitionskosten, die zur technischen Realisierung und Installierung
der Einrichtungen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs
notwendig sind, ausdrücklich ausgeschlossen ist. Damit wird aber
auch deren Anrechnung und Abgeltung im Rahmen des Kostenersatzes
für konkrete Überwachungsmaßnahmen nach § 89 Abs. 2 TKG verhindert
(vgl. OLG Wien 27.11.1998, 22 Bs 403/98). Beide, den Betreibern
von Telekommunikationsdiensten und damit auch den antragstellenden
Gesellschaften auferlegte Belastungen sind Gegen-
- 40 -
stand der Anfechtung und erfordern eine getrennte verfassungsrechtliche
Betrachtung und Bewertung.
b) In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum TKG
(759 BlgNR 20. GP, 55) wird zu § 89 ausgeführt:
" Die technische Entwicklung auf dem Sektor der Telekommunikation
hat die operativen Möglichkeiten der Überwachung
eines Fernmeldeverkehrs überholt: Eine Überwachung von Mobiltelefonen
ist mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln ˆ wenn
ü berhaupt ˆ nur mit hohem Personal- und Kostenaufwand möglich.
Zusätzlich kommt es zur Privatisierung dieses Bereiches, die zu
Defiziten in den Rechtsgrundlagen führt, weil die bisherigen
Regelungen darauf abstellen, daß nur Behörden mit der Durchführung
einer Telefonüberwachung befaßt sind. Da die Notwendigkeit,
den Einsatz dieses Ermittlungsinstruments sicherzustellen,
nicht in Zweifel gezogen werden kann, ist legistischer Handlungsbedarf
gegeben.
Es ist daher erforderlich, auch Verpflichtungen Privater
gesetzlich zu normieren, die sicherstellen, daß einerseits ˆ auf
Kosten des Erbringers ˆ die entsprechenden Einrichtungen bereit
gestellt werden, andererseits die notwendige Mitwirkung im Einzelfall
erfolgt."
Diesen Erläuterungen ist zu entnehmen, dass die Überwachung
des Fernmeldeverkehrs ursprünglich eine rein behördliche
Aufgabe darstellte, die erst im Zuge der Privatisierung und
Liberalisierung des Telekommunikationssektors derart auf private
Betreiber der Telekommunikationsdienste übergeleitet wurde, dass
diese die erforderlichen technischen Einrichtungen, die für die
staatliche Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen
der StPO erforderlich sind, bereitzustellen haben. Der
Staat hält somit die entsprechenden technischen Einrichtungen
nicht mehr selbst bereit, sondern er nimmt die privaten Betreiber
von Telekommunikationsdiensten für die Wahrnehmung ursprünglich
staatlicher Aufgaben in Pflicht.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem zu B 544-549/01
am 28. Juni 2001 gefassten Prüfungsbeschluss [betreffend die Verpflichtung
von Luftverkehrsunternehmen zur Identitätsfeststellung
ihrer Passagiere; vgl. dessen Wiedergabe in VfGH 1.10.2001,
G 224-264/01, unter II.1.b)bb)] unter Hinweis auf VfSlg. 15.773/
- 41 -
2000 ("Spekulationsertragsteuer") ausführte, begegnet die Inpflicht
ˆ oder Indienstnahme Privater zur Erfüllung öffentlichˆ
rechtlicher Aufgaben zwar keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl.
schon VfSlg. 6425/1971 zur Mitwirkung des Arbeitgebers an der
Lohnsteuererhebung), rechtfertigt es aber nicht, unabhängig von
ihrer Qualität und ihrem Umfang Mitwirkungspflichten jedweden Inhaltes
und jedweder Intensität aufzuerlegen. In VfSlg. 15.773/
2000 ("Spekulationsertragsteuer"), S 394, führte der Gerichtshof
dazu aus: "Sachlich erscheint nur eine Regelung, die die Mitwirkungspflichten
Dritter ins Verhältnis setzt zu der Art und dem
Umfang der zum Primärschuldner bestehenden Beziehungen. Daraus
folgt auch, daß eine Regelung, die den Dritten erheblichen Aufwand
... abverlangt, nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt
sein kann."
Die Aufklärung strafbarer Handlungen durch Überwachung
des Fernmeldeverkehrs gemäß den §§ 149a ff. StPO bildet eine im
ö ffentlichen Interesse gelegene staatliche Aufgabe, die schon aus
Gründen ihrer Effektivität eine qualifizierte Mitwirkung der
privaten Betreiber von Telekommunikationsdiensten erfordert. Eine
entsprechende gesetzliche Mitwirkungspflicht, wie sie § 89 Abs. 1
erster Satz und § 89 Abs. 2 TKG sowie die zur Konkretisierung ergangene
Ü VO anordnen, bildet eine angemessene, sachlich gerechtfertigte
Inpflichtnahme privater Telekommunikationsbetreiber.
Angesichts der Privatisierung der Telekommunikationsdienste ist
es im öffentlichen Interesse geboten, diese privaten Betreiber
mit der Bereitstellung der entsprechenden Einrichtungen (, die
zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der
StPO erforderlich sind,) zu betrauen, weil die Betreiber diejenigen
sind, welche die Überwachung auf Grund ihrer primären
Betroffenheit und technischen Sachnähe am ehesten durchführen
können.
Da die Indienstnahme privater Betreiber für die Überwachung
des Fernmeldeverkehrs sohin sachlich gerechtfertigt, aber
auch in Anbetracht der damit erfüllten öffentlichen Aufgabe angemessen
und erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrund-
- 42 -
satzes ist, verstoßen ˆ anders als die zu G 156/02, V 42/02 und
zu G 157/02, V 43/02 antragstellenden Gesellschaften behaupten -
§ 89 Abs. 1 erster Satz TKG und die Überwachungsverordnung weder
gegen den Gleichheitssatz noch gegen die verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechte der Freiheit der Erwerbsbetätigung und der
Unversehrtheit des Eigentums.
c) Das weitere gegen die ÜVO vorgetragene Bedenken, dass
diese nicht gesetzmäßig kundgemacht worden sei, verkennt die Bedeutung
einer Einvernehmensregelung. Wie der Bundesminister zutreffend
ausführt, ermächtigt § 89 Abs. 3 TKG den Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie zur Erlassung der Verordnung.
Dieser ist dabei lediglich gehalten, das Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Justiz und dem Bundesminister für
Inneres herzustellen, was nach allgemeiner Auffassung als "Zustimmung",
sohin als bei der Willensbildung einzuhaltende Vorgangsweise,
zu verstehen ist.
Die Kundmachung der angefochtenen Verordnung durch die
Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im
Bundesgesetzblatt II unter Hinweis auf die einvernehmliche
Willensbildung entspricht daher dem Gesetz (§ 2 Abs. 2 Z 2
BGBlG).
d) Die Antragsteller bringen weiters zusammengefasst
vor, es fehle an einer sachlichen Rechtfertigung dafür, dass die
Kosten der Bereitstellung der Einrichtungen, die zur Überwachung
des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO erforderlich
sind, gemäß § 89 Abs. 1 letzter Satz TKG ausschließlich von privaten
Betreibern des Telekommunikationsnetzes zu tragen sind. Die
zitierte Bestimmung schließe auch eine aliquote Berücksichtigung
der Investitions- und Bereithaltekosten bei Berechnung der "angemessenen
Kosten" für die konkreten Überwachungsmaßnahmen (§ 89
Abs. 2 TKG) aus. Der Gesetzgeber verletze damit unter anderem den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
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Ü berträgt man die oben [Pkt. II.2.b)] wiedergegebenen,
aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten verfassungsrechtlichen Anforderungen
an gesetzlich begründete Mitwirkungspflichten in
Gestalt von Inpflichtnahmen Privater auf die Verpflichtung zur
kostenlosen Bereitstellung von Überwachungseinrichtungen, so ist
eine solche Regelung nur dann sachgerecht, wenn die Inpflichtnahme
auf einer besonderen Sachnähe beruht. Wie der Verfassungsgerichtshof
in VfSlg. 15.773/2000, S 394, ausführte, rechtfertigt
eine Beziehung rechtlicher oder wirtschaftlicher Art es hingegen
nicht, "unabhängig von ihrer Qualität und ihrem Umfang Mitwirkungspflichten
jedweden Inhaltes und jedweder Intensität aufzuerlegen".
Die wirtschaftliche Belastung der Telekommunikationsbetreiber
bzw. die Bereithaltung aufwendiger Vorkehrungen ist
daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände nach Maßgabe einer
Interessenabwägung gerechtfertigt.
Die Überwachung des Fernmeldeverkehrs im Zuge der Strafverfolgung
ist nach den verfassungsrechtlichen Wertungen grundsätzlich
Sache des Staates, und zwar des Bundes (vgl. Art. 10
Abs. 1 Z 6 und 9 B-VG), der den mit der Strafverfolgung verbundenen
Aufwand, soweit er Gebietskörperschaften trifft, zu
tragen hat (vgl. § 2 F-VG; vgl. ferner VfSlg. 15.773/2000). Wenn
nun Überwachungskosten, die an sich vom Bund zu tragen sind, auf
private Unternehmen überwälzt werden, so ist der Gesetzgeber gehalten,
den in der genannten Entscheidung zum Ausdruck kommenden
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Es ist also eine Abwägung
der Höhe der den Privaten erwachsenen Kosten einerseits
und konkreter Kriterien, die eine besondere rechtliche und wirtschaftliche
Beziehung begründen, andererseits vorzunehmen. Zu
diesen Kriterien gehören unter anderem die Eingrenzbarkeit und
damit konkrete Kalkulierbarkeit der vom Privaten zu erbringenden
Leistungen, die wirtschaftliche Zumutbarkeit des Aufwandes für
den einzelnen Unternehmer, ein allfälliges Interesse, das nicht
bloß die Allgemeinheit, sondern auch die betroffenen Unternehmer
selbst an den im Rahmen der Mitwirkung zu erbringenden Leistungen
haben, und eine allfällige zusätzliche Gefährdung, die gerade vom
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Betrieb des Unternehmens ausgeht und der durch die vom Unternehmen
verlangte Mitwirkung entgegengewirkt werden soll.
Wie das Verfahren gezeigt und die Bundesregierung auch
nicht bestritten hat, werden die einzelnen Unternehmen in erheblichem
Umfang durch die Bereitstellungsverpflichtung gemäß
§ 89 Abs. 1 TKG finanziell belastet. Diese Gesetzesvorschrift
grenzt den Umfang der Mitwirkungspflichten nicht ein, sondern
ü berlässt die Bestimmung des Umfanges der Leistungspflicht,
nämlich die Festlegung der Gestaltung der kontinuierlich an den
jeweiligen Stand der Technik anzupassenden technischen Einrichtungen
dem Verordnungsgeber. Dem Gesetz fehlt auch jede Bezugnahme
auf andere Kriterien, die die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
insgesamt sowie in Bezug auf einzelne
Unternehmen erkennen ließe. Mag auch die Inpflichtnahme privater
Betreiber von Telekommunikationsdiensten für die Überwachung des
Fernmeldeverkehrs und die Bereitstellung entsprechender Einrichtungen
eine sachlich gerechtfertigte und daher verfassungsmäßige
Mitwirkungspflicht Privater an einer staatlichen Aufgabe
darstellen [vgl. Pkt. I.2.b)], so ist dennoch auch bei der
Regelung der Kostentragung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu
beachten. Da das Gesetz eine solche Beachtung nicht erkennen,
sondern vielmehr eine Belastungsgrenze vermissen lässt, ist § 89
Abs. 1 letzter Satz TKG verfassungswidrig.
Im Übrigen zeigen auch die Gesetzesmaterialien, dass der
Gesetzgeber die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
nicht einmal in Erwägung gezogen hat, sondern den mit der Bereitstellung
der Überwachungseinrichtungen verbundenen hohen Personal-
und Kostenaufwand durch Überwälzung auf Private zur Gänze von sich
abwenden wollte [s. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage unter
Pkte. I.2.c) sowie II.2.b)]. Dementsprechend fehlt es auch an amtlichen
Erhebungen der für die Bereithaltung der Überwachungseinrichtungen
den privaten Betreibern erwachsenden Kosten (vgl. die
Ä ußerung der Bundesregierung vom 31. Juli 2002). Budgetäre Gründe
allein bilden aber keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für
die hier vom Gesetzgeber getroffene Kostentragungsregelung.
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§ 89 Abs. 1 letzter Satz TKG ist daher mangels Berücksichtigung
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch den Gesetzgeber
wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz als verfassungswidrig
aufzuheben.
III. 1. Der Anregung der Bundesregierung folgend, wurde für
das In-Kraft-Treten der Aufhebung eine Frist von einem Jahr bestimmt,
um es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Ersatzregelung zu treffen.
2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen
Kundmachung der unter Fristsetzung erfolgenden Aufhebung
im Bundesgesetzblatt I beruht auf Art. 140 Abs. 5 erster Satz
B-VG und auf § 64 Abs. 2 VfGG, die Bestimmung der Frist für das
In-Kraft-Treten der Aufhebung auf Art. 140 Abs. 5 dritter und
vierter Satz B-VG.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 65a VfGG. In
den zugesprochenen Beträgen ist jeweils Umsatzsteuer in der Höhe
von * 327,-- (G 37/02, G 118/02, G 122/02 und G 195/02) respektive
von * 163,50 (G 156/02 und G 157/02) sowie eine Eingabegebühr
gemäß § 17a VfGG in Höhe von * 180,-- enthalten.
4. Dies konnte gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz VfGG ohne
mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen
werden.
Wien, am 27. Februar 2003
Der Präsident:
Dr. K o r i n e k
Schriftführerin:
Dr. S c h u ö c k e r